Weihnachten in Dreck und Quarantäne
Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert: Besinnliche Feiertage sind in vielen Geflüchtetenunterkünften wegen katastrophaler Zustände unmöglich
In wenigen Tagen ist Weihnachten. Viele freuen sich auf besinnliche Stunden im Kreise der Liebsten und möchten die Festtage im besten Fall dazu nutzen, um dem Stress des Alltags zu entfliehen. Für viele Geflüchtete, die in Unterkünften in Bayern leben, ist dies jedoch aus verschiedenen Gründen nicht möglich.
So berichtet etwa Murat A. dem Bayerischen Flüchtlingsrat von katastrophalen Zuständen in einer Gemeinschaftsunterkunft in Gersthofen, in die er vor wenigen Tagen verlegt wurde. Mindestens acht Personen müssen sich je eine Dusche und eine Toilette teilen, die Räume starren vor Dreck, Abflüsse sind verstopft, die Geräte in den Küchen haben ihren Zenit längst überschritten – Reinigung Fehlanzeige. (Mehr Bild- und Videomaterial auf Anfrage).
Zudem grassiert in vielen Unterkünften nach wie vor das Coronavirus. Zahlreiche Einrichtungen stehen unter Quarantäne. Auch in Nürnberg sind mehrere Gemeinschaftsunterkünfte betroffen. Unterkünfte in Schweinau und der Münchner Straße stehen seit mehr als 14 Tagen in (Teil-)Quarantäne. In beiden Unterkünften wohnen mehr als hundert Personen, darunter viele Kinder. Sie haben in den letzten Wochen wertvolle Unterrichtszeit verpasst – Homeschooling war in Ermangelung eines Internetzugangs und wegen fehlende Endgeräte kaum möglich. Und weil die Unterkünfte teilweise nicht einmal über einen Außenbereich verfügen, waren die Bewohner:innen seit Wochen nicht an der frischen Luft. Als wäre das allein nicht schon genug, ist es den Menschen nicht gestattet, ihr Stockwerk zu verlassen. In Schweinau ist zudem Wäsche waschen nicht möglich, da sich die Waschmaschinen im Keller befinden. In beiden Unterkünften ist die Stimmung extrem angespannt, vor allem da weiterhin unklar ist, wie lange die Quarantäne noch andauern wird.
„Deutschlandweit wird sich gerade auf Weihnachten eingestimmt. Trotz der coronabedingten Einschränkungen in diesem Jahr freuen sich die meisten Menschen auf ein paar besinnliche Tage. Dabei bleiben Geflüchtete in bayerischen Unterkünften außerhalb des Radars“, sagt Johanna Böhm, vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Auch während der Pandemie hält Bayern an der strikten Lagerunterbringung fest. Weder fand eine vernünftige Entzerrung von Großunterkünften statt, noch wird bei Infektionsfällen auf Alternativen wie Hotels und Jugendherbergen zurückgegriffen, um die Situation zu entspannen. Wir appellieren an die Verantwortlichen, besonders jetzt, Menschlichkeit gegenüber allen Mitbürger*innen zu zeigen und für würdevolle Zustände in den Unterkünften zu sorgen.“