Vorwurf der Diskriminierung im ANKER-Zentrum Waldkraiburg
Gemeinsamer offener Brief an die Regierung von Oberbayern sowie das Gesundheitsamt Mühldorf am Inn veröffentlicht
Bewohner*innen der ANKER-Dependance in Waldkraiburg reagierten im April 2020 auf die rassistische Äußerung eines Mitarbeiters des Sicherheitsdienstes mit einem Beschwerdebrief, dieser ist bereits auf der Anker-Watch-Website veröffentlicht. Doch statt einer Reaktion auf ihre Vorwürfe, wurden die Bewohner*innen in eine kritikwürdige Quarantäne-Einrichtung nach Manching verlegt. Ein Geflüchteter, der sich auch an der Initiative gegen die rassistische Diskriminierung bei einem dazu abgehaltenen Treffen beteiligt hatte, wurde positiv auf Covid-19 getestet. Die Quarantänemaßnahme wurde über Personen verhängt, die ebenfalls an diesem Treffen teilgenommen hatten. Darüber hinaus allerdings auch pauschal über alle anderen Personen aus afrikanischen Herkunftsländern.
Hierzu verfassten der Bayerische Flüchtlingsrat, AGABY und Letra e.V. einen gemeinsamen offenen Brief an die Regierung von Oberbayern und das zuständige Gesundheitsamt Mühldorf am Inn. Darin verlangen sie die Klärung des Vorwurfs der Diskriminierung bei der Auswahl der unter Quarantäne zu nehmenden Erstkontakt-Personen. Es handelte sich ausschließlich um Personen afrikanischer Herkunft. Diese Auswahl sei demnach wenig plausibel und besonders zweifelhaft, da in einer Sammelunterkunft wie Waldkraiburg auch Personen anderer Herkunft untergebracht sind. Des Weiteren ist kaum zu ermitteln, wer Erstkontaktpersonen von Infizierten sind, da alle Bewohner*innen gemeinsam sowohl die Flure als auch die Kantine nutzen. Einige der Betroffenen bestreiten daher, Kontaktperson des Infizierten gewesen zu sein, sondern lediglich aufgrund ihrer Herkunft für die Quarantänemaßnahme ausgewählt geworden zu sein. Sie bewerten das Vorgehen der Behörden als weitere Diskriminierung und Sanktion auf ihre vorangegangene Initiative.
Der Bayerische Flüchtlingsrat, AGABY und Letra e.V. fordern eine Aufklärung der Vorfälle, insbesondere zu den rassistischen Äußerungen des Sicherheitspersonals sowie der Quarantänemaßnahme und kritisieren die Art und Weise der Durchführung der Quarantäne. Kritisiert wird vor allem, dass auch vorerkrankte Personen in Gruppenquarantäne genommen und nicht umgehend und umfassend medizinisch versorgt wurden. Weiterhin sind die hohe Belegungsdichte und das damit einhergehende deutlich höhere Ansteckungsrisiko in der Quarantäneeinrichtung zu kritisieren. Auch die Polizeipräsenz bei der Verlegung der Bewohner*innen und fehlende Kommunikation mit diesen führten zu besonderen Belastungen für die Betroffenen. Diese wussten nicht, wohin sie gebracht werden und warum. Eine Quarantäneanordnung des Gesundheitsamtes folgte erst 9 Tage nach Beginn der Quarantänemaßnahme.
„Wir fordern die Verantwortlichen auf, hier umgehend Aufklärung zu leisten. Es darf nicht sein, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden, weder individuell durch Personal in der Einrichtung noch strukturell durch Entscheidungen von Behörden“, so Katharina Grote, Mitarbeiterin des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Corona stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen, gerade deshalb ist es wichtig, Quarantänemaßnahmen so durchzuführen, dass sie Menschen nicht besonders belasten oder gar einem höheren Risiko der Ansteckung aussetzen als andere. Vulnerable Personen mit Vorerkrankungen müssen sofort aus allen Sammellagern in Einzelunterkünfte verlegt werden.“