Unterkunftsgebühren: Gebührenabrechnungsstelle verschickt Drohbriefe

Wie im Mai 2021 berichtet, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) die Unterkunftsgebühren für Geflüchtete in Bayern nach der Asyldurchführungsverordnung (DV Asyl) für verfassungswidrig und unwirksam erklärt. Bis zu einer Neuregelung der DV Asyl erlässt die Zentrale Geührenabrechnungsstelle bei der Regierung von Unterfranken deshalb keine neuen Bescheide mehr. Auch alte Forderungen werden nicht mehr angemahnt und vollstreckt.

Wir haben einen Musterantrag entworfen, mit dem diejenigen, die aus eigenem Einkommen Gebühren bezahlt haben, die Rückzahlung beantragen können, auch wenn nicht damit zu rechnen ist, dass die Gebühren sofort zurücküberwiesen werden.

Die Gebührenabrechnungsstelle antwortet nun in einem Standardschreiben, dass der Antrag als Wiederaufgreifensantrag gewertet wird, verbunden mit der Drohung, dass er kostenpflichtig (25 €) abgelehnt werde. Denn die Bescheide seien bestandskräftig und allein ein BayVGH-Beschluss ändere daran nichts. Mit kurzer Frist sollen die Antragsteller*innen mitteilen, ob sie ihren Antrag aufrechterhalten oder zurücknehmen.

Wie ist die Antwort der Zentralen Gebührenabrechnungsstelle zu bewerten?

Es ist genau das Ziel des Musterantrags, die Zentrale Gebührenabrechnungsstelle zu einem Wiederaufgreifen bestandskräftiger, aber verfassungswidriger Bescheide zu bewegen. Denn der BayVGH hat detailliert erklärt:

  • Nicht bestandskräftige Bescheide sind aufzuheben oder nach einer Neuregelung zu korrigieren
  • Bestandskräftige Bescheide bleiben bestehen, es darf daraus aber nicht mehr vollstreckt werden.
  • ABER: Bei bestandskräftigen Bescheiden hat die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob sie in einem Wiederaufgreifensverfahren die Bescheide aufhebt. Das kann sie auf Antrag der Betroffenen oder von Amts wegen.
  • Bei allen, deren Unterkunftsgebühren vom Jobcenter/Sozialamt übernommen wurden, werden die Bescheide nicht korrigiert werden, da dies keine Auswirkungen auf die Geflüchteten hat.
  • Bei denjenigen, die aus eigenem Einkommen die Gebühren bezahlt haben, wird die Behörde die Bescheide anpassen müssen. Sie hat dabei kein Ermessen, denn die Aufrechterhaltung der Bescheide verletzt „das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden in grober Weise“, wäre „schlechthin unerträglich“ beziehungsweise „ein Verstoß gegen die guten Sitten oder den Grundsatz von Treu und Glauben“ (s. Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.04.2021 – 12 N 20.2529, Randziffern 90-93: https://openjur.de/u/2337275.html)
  • Wer selbst die Gebühren bezahlt hat, muss deshalb sein Geld wiederbekommen, wahrscheinlich aber erst nach einer Neuregelung der DV Asyl. Dann werden die neuen (vermutlich niedrigeren) Gebühren mit den bereits bezahlten verrechnet und der Rest wird zurückbezahlt.

Die Drohung der zentralen Gebührenabrechnungsstelle mit der kostenpflichtigen Ablehnung des Antrags, weil ein Beschluss des BayVGH allein nicht ausreiche, um ein Wiederaufgreifungsverfahren zu begründen, ist totaler Unsinn!
Wer vom eigenen Einkommen Gebühren bezahlt hat, sollte den Antrag unbedingt aufrechterhalten!
 
Was tun:
Die Betroffenen, die die Drohbriefe der Regierung erhalten, müssen zunächst mal gar nichts tun. Sie haben einen Antrag gestellt, über den entschieden werden muss. Nur weil eine Behörde mit kurzer Frist eine Rückmeldung fordert, ob man diesen Antrag aufrechterhalten oder zurücknehmen will, ist der Antrag nicht außer Kraft gesetzt. Wer will, kann der Behörde den Rückmeldebogen zurückschicken und mitteilen, dass er/sie den Antrag aufrechterhält, das ist jedoch nicht verpflichtend.