Ungeordnete Illegalisierung statt geordneter Rückkehr
Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert: mehr Druck führt zu mehr Untertauchen
Am heutigen Donnerstag, den 16.05.2019 soll das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ in erster Lesung im Deutschen Bundestag behandelt werden. Anders als der Name insinuiert, bündelt es vor allem repressive Maßnahmen wie Abschiebehaft, Arbeitsvorbote, Beschränkung der Bewegungsfreiheit und Entzug von Sozialleistungen. Zahlen aus dem abschiebefixierten Bayern zeigen jedoch deutlich, dass mit noch mehr Druck nicht die Rückkehr abgelehnter Flüchtlinge erreicht wird. Stattdessen fliehen viele dieser Flüchtlinge in andere EU-Staaten weiter oder tauchen in die Illegalität ab.
Bayern ist Vorreiter in Sachen Abschreckung
Wie das bayerische Innenministerium mitteilte [PM vom 30.01.2019], wurden im gesamten Jahr 2018 aus Bayern 3.265 Personen abgeschoben. Ein wachsender Teil der Abschiebungen geht nicht „zurück“ in die Herkunftsländer, sondern nur in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Zusätzlich reisten 2.638 Personen mit staatlicher Förderung „freiwillig“ in ihr Herkunftsland zurück. Als „freiwillig ausgereist“ gelten insgesamt aber 11.742 Personen. Das heißt: mehr als 9.000 Personen sind nicht in ihr Herkunftsland zurückgekehrt, sondern einfach nicht mehr da.
Da niemand kann sagen, wohin die „unkontrollierte Ausreise“ diese Flüchtlinge geführt hat, ob sie einfach untergetaucht oder illegal in andere EU-Staaten weitergeflüchtet sind, ist es hilfreich, auf die Erfahrungen von Haupt- und Ehrenamtlichen sowie Lehrkräften zurückzugreifen. Danach liegt nahe, dass viele derjenigen, die dem Innenministerium als „freiwillig ausgereist“ gelten, in Frankreich sind – Spitzenreiter dürften dabei Afghanen aus Bayern sein. Nur 81 afghanische Flüchtlinge sind 2018 aus Bayern nach Afghanistan zurückgekehrt, hingegen 1.143 verschwunden. Viele von ihnen haben sich bei ihren Freunden in Bayern aus Frankreich gemeldet. Frankreich verstärkt inzwischen die Bemühungen, diese illegal eingereisten Flüchtlinge seinerseits wieder nach Bayern zurückzuschieben. Ein Kreislauf bahnt sich an, der zu mehr Haft, mehr Flucht, mehr Untertauchen führt.
Es ist kein Zufall, dass Bayern hier Spitzenreiter ist. Mit großer Härte vollzieht Bayern Abschiebungen nach Afghanistan. Rund die Hälfte der 2018 nach Afghanistan abgeschobenen Flüchtlinge kommt aus Bayern. Hinzu kommt, dass Aufenthaltsmöglichkeiten wie die 3+2 Regelung von bayerischen Behörden notorisch verweigert werden, und dass Bayern Flüchtlinge in großen Zahlen in abschreckenden ANKER-Zentren unterbringt.
„Das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ wird zu einer deutlichen Steigerung nicht der Ordnung, sondern der Verunsicherung und Rechtlosigkeit führen“, kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Das Geordnete-Rückkehr-Gesetz vermehrt das Arsenal repressiver und abschreckender Maßnahmen, ohne dass dies die Zahl der Abschiebungen erhöhen kann. Es steigt aber der Druck, dem sich mehr und mehr Flüchtlinge durch Abtauchen oder Weiterflucht entziehen werden. Diese Flucht in die Illegalität, sei es in den Schatten der Großstädte oder unter die Brücken von Paris, wird die Verletzlichkeit und Ausbeutbarkeit dieser Menschen massiv erhöhen, ebenso wie die Notwendigkeit, sich das Leben durch nicht legale Tätigkeiten zu verdienen“.