Frauen auf der Flucht

Die Bilder in den Medien vermitteln den Eindruck, dass es sich bei Asylsuchenden fast ausschließlich um Männer handelt. Dieser Eindruck täuscht, in den letzten Jahren waren knapp 40 % der Antragsteller:innen weiblich. 2023 sind die Zahlen weiblicher Antragssteller:innen jedoch gesunken und lag bei 28,5 %.

Die Fluchtursachen von Frauen sind vielfältig. Frauen und Kinder fliehen ebenso wie Männer vor lebensbedrohlicher Gewalt durch Repression oder Krieg. Aber sie flüchten auch vor geschlechtsspezifischer und sexualisierter Gewalt in Kriegsgebieten und in Ländern ohne Krieg. Sie fliehen vor Vergewaltigung als militärischer Strategie, vor sexueller Ausbeutung, vor Übergriffen wegen ihrer gleichgeschlechtlichen Lebensweise, vor Genitalverstümmelung, Zwangsverheiratung und Zwangsverschleierung.

Auch während der Flucht sind Frauen und Mädchen von Gewalt und sexualisierten Übergriffen bis hin zu sexueller Ausbeutung, Frauenhandel und Zwangsprostitution bedroht oder betroffen. Dies gilt vor allem für alleinstehende Frauen. Ihre Situation wird oftmals für das Einfordern von sexuellen Dienstleistungen ausgenutzt – häufig die einzige Möglichkeit, Schlepper und damit die Fortsetzung der Flucht zu finanzieren. Der UNHCR spricht von „survival sex“.

Gerade alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder zählen deshalb zu den besonders schutzbedürftigen Gruppen. Frauen und Kinder kommen oftmals schwer traumatisiert nach Deutschland. Doch auch in Deutschland sind sie nicht ausreichend vor Gewalt geschützt. Weitere Informationen finden Sie in unserem Positionspapier.

Auf ihrem Weg in ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben ist es wichtig, dass Frauen, aber auch Ehrenamtliche und Fachkräfte, gut über die Rechte und Schutzmöglichkeiten informiert sind und wissen, wo sie Hilfe finden können. Unterstützung finden Sie bei unserem Projekt für geflüchtete Frauen „Let’s talk about your rights!“.

Weitere Informationen und Anlaufstellen gibt es unter Material.

Hier finden Sie eine Sammlung von Materialien, die zum Thema Gewaltschutz in Unterkünften relevant sind. Dazu zählen u.a. Gewaltschutzkonzepte und unsere Einschätzung dazu, Stellungnahmen der Regierung (Bund und Freistaat Bayern) zum Thema Gewaltschutz in Flüchtlingseinrichtungen, Websites, Infobroschüren und Flyer für Frauen, die von Gewalt betroffen sind sowie Infomaterial für Frauen auf der Flucht.

In Deutschland ist seit Februar 2018 die Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt- kurz: Istanbul Konvention (IK) – im Rang eines Bundesgesetzes gültig. Damit hat sich Deutschland verpflichtet alle Formen von Gewalt gegen Frauen zu verhüten, verfolgen und zu beseitigen. Dafür müssen umfassende politische und sonstige Maßnahmen ergriffen werden.

Die Konvention ist für alle Frauen gültig, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus und muss diskriminierungsfrei umgesetzt werden. Aufgrund einer hohen Gewaltbetroffenheit bei gleichzeitig eingeschränktem und erschwertem Zugang zum Unterstützungs- und Hilfesystem, werden geflüchtete Frauen zudem als besonders schutzbedürftige Gruppe benannt. Die Istanbul Konvention bezieht sich in den Art. 59 -61 zudem explizit auf den Bereich Migration und Asyl. Eine Expert:innengruppe (GREVIO) überprüft, inwieweit die unterzeichnenden Staaten die Konvention umgesetzt haben. Im Jahr 2021 wird Deutschland überprüft und hat hierzu bereits in einem Staatenbericht aufgezeigt, welche Maßnahmen getroffen wurden. Auch die Zivilgesellschaft und NGOs sind aufgerufen ihre Sicht, wie es um den Schutz von Frauen vor Gewalt beschaffen ist, darzustellen. Gemeinsam mit anderen Landesflüchtlingsräten, PRO ASYL und dem Institut für Kulturanthropologie der Universität Göttingen haben wir diese Möglichkeit ergriffen und einen Schattenbericht verfasst „Zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Bezug auf Geflüchtete Frauen und Mädchen in Deutschland“. Hier gehts zur gemeinsamen Pressemitteilung. Zudem gibt es noch weitere Schattenberichte, u.a. von DaMigra und dem Bundesweiten Bündnis Istanbul-Konvention.

Mindestandarts zum Gewaltschutz in Unterkünften variieren in Deutschland sehr stark. Nicht überall gibt es Gewaltschutzkonzepte und auch dort wo es solche Konzepte gibt, werden sie selten hinreichend umgsetzt. Auf der Website www.gewaltschutz-gu.de gibt es eine Übersicht über alle vorhandenen Gewaltschutzkonzepte der jeweiligen Bundesländer. Dort finden sich auch von UNICEF und dem Familienministerium erarbeitete Mindeststandarts zum Gewaltschutz in Unterkünften. Diese sollen als Leitlinien zum besseren Schutz von Geflüchteten in Unterkünften dienen.

Seit Herbst 2018 gibt es ein Gewaltschutzkonzept des Freistaates Bayern, welches im August 2020 aktualisiert wurde. Das „Bayerische Schutzkonzept der Unterbringungsverwaltung zur Prävention von Gewalt“ ist aus unserer Sicht völlig unzureichend. Es ist sehr vage und zudem nicht rechtsverbindlich. In Veranstaltungen und Presseerklärungen weisen wir immer wieder auf diese Defizite hin und fordern mehr Verbindlichkeit.

Handlungsleitfaden zum Gewaltschutz geflüchteter Frauen und Kinder (Stand 11/2023), herausgegeben vom Bayerischen Flüchtlingsrat, verfügbar in acht verschiedenen Sprachen

Arbeitshilfe „Geschlechtsspezifische Verfolgung und Durchsetzung von geschlechtsspezifischen Rechten im Asylverfahren (Stand 07/2022), herausgegeben vom Paritätischen Gesamtverband

Factsheet zum Thema „Betroffenheit von FGM/C als Schutzgrund – Was tun, wenn das BAMF einen Nachweis verlangt?“ (Stand 05/2022), herausgegeben vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat

Wegweiser Anlaufstellen für Betroffene von geschlechtsspezifischer Gewalt in München (Stand 09/2020), zusammengestestellt von Ärzte der Welt.

Arbeitshilfe zur „Identifizierung von Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt“ (Stand 02/2022), Ärzte der Welt.

FAQ zum Gewaltschutz für geflüchtete Frauen- häufig gestellten Fragen an der Schnittstelle Gewaltschutz und Flucht. Das Papier gibt es auch auf Englisch und in Leichter Sprache.

An Ihrer Seite – Informationen und Hilfen für Untersützer_innen, Freunde, Freund_innen und Angehörige von Betroffenen häuslicher Gewalt. Eine Broschüre des bff – Bundesverband für Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland auf Deutsch, Englisch, Türkisch und Arabisch. Hier gibt es viele weitere Materialien.

Kenne deine Rechte! – Informationen für weibliche Geflüchtete ist eine Broschüre des Flüchtlingsrat Niedersachsen in 10 verschiedenen Sprachen.

Gleiche Rechte für Frauen und Männer. Ein Flyer in 10 Sprachen von Terre des Femmes.

Orientierungshilfe für Geflüchtete zu „Gleichberechtigung von Menschen verschiedenen Geschlechts bzw. verschiedener sexueller Identität“: Die Orientierungshilfe beschreibt in insgesamt 13 Sprachen kurz und knapp die rechtliche Situation von Frauen und Männern bzw. von Menschen verschiedener sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität in Deutschland. Sie kann zur Auslage in Beratungsstellen, an Treffpunkten und in Schulungseinrichtungen, die sich an Geflüchtete richten, verwendet werden.

Beratungshilfen für Menschen mit besonderen Rechten im Asylverfahren: Der Thüringer Flüchtlingsrat hat eine Broschüre für Geflüchtete mit besonderen Rechten im Asylverfahren herausgebracht. Menschen mit besonderen Rechten sind u.a. auch Schwangere und von Gewalt Betroffene.

Empfehlungen und Material zur Umsetzung von Beschwerdeverfahren für geflüchtete Menschen in Unterkünften der Frauenhauskoordinierung e.V.

Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ – 08000 116 016
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben. Rund-um-die-Uhr in 17 Sprachen verfügbar. Zur Website (mehrsprachig)

Hilfetelefon „Sexueller Missbrauch“ – 0800 22 55 530
Für Betroffene von sexualisierter Gewalt sowie deren Angehörige und Vertraute. Zur Website

Hilfetelefon „Nummer gegen Kummer“ – 116 111 (Kinder und Jugendliche) und 0800 111 0550 (Eltern)
Hilfetelefon für Kinder, Jugendliche und Eltern. Zur Website

Hilfetelefon „Schwangere in Not“ – 0800 40 40 020 Beratung für Schwangere. Zur Website (mehrsprachig)

Gewaltlos.de
Eine Website des SKF (Sozialdienst katholischer Frauen) auf Deutsch, Englisch und Türkisch mit Informationen und Hilfsangeboten für Frauen, die von Gewalt betroffen sind. Zur Website

Wege aus der Gewalt
Eine Website in einfacher Sprache, nicht nur für Frauen mit Behinderung, sehr informativ und leicht verständlich. Mit einer Suchmaschine für Anlaufstellen in deiner Nähe. Zur Website

Hilfe bei Menschenhandel und Zwangsprostitution: Solwodi e.V.

Hilfsorganisationen in der Nähe können unter folgender Suchmaschine des bff-Frauen gegen Gewalt e.V. gefunden werden. Der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe macht sich stark für Frauen und gegen Gewalt. Hier gibt es auch viele Informationen: bff – Frauen gegen Gewalt e.V.

Der Wegweiser Anlaufstellen für Betroffene von geschlechtsspezifischer Gewalt
in München
zeigt gut sortiert auf, wohin sich betroffene Menschen in München wenden können.

„Wir wollen Sicherheit“- Anregungen für eine gender- und fluchtsensible Praxis im Umgang mit geflüchteten Frauen*. Eine Broschüre des Flüchtlingsrat Niedersachsen beleuchtet kritisch die Entwicklungen im Bereich genderspezifischer Ankunfts- und Aufnahmepolitiken mit kritischem Blick auf die Praxis sowie auf die rechtliche und politische Situation

PD Dr. Meryam Schouler-Ocak, Dr. Christine Kurmeyer, u.a.: (2017): Abschlussbericht – Study on Female Refugees, Repräsentative Untersuchung von geflüchteten Frauen in unterschiedlichen Bundesländern in Deutschland.

Susanne Worbs und Tatjana Barauline; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Hrsg. (2017): BAMF Kurzanalyse (01/2017): Geflüchtete Frauen in Deutschland: Sprache, Bildung und Arbeitsmarkt.

Heinrich-Böll-Stiftung (2018): Frauen und Flucht: Vulnerabilität – Empowermet – Teilhabe. Die Perspektive der Förderung und Stärkung von Frauen als Querschnittsaufgabe der Innen- und Außenpolitik zieht sich durch alle Beiträge dieses E-Papers, das geflüchtete Frauen und ihre Anliegen sichtbar machen möchte.

RLC Journal (2021): Die Unterbringung besonders schutzbedürftiger Frauen* in Deutschland
Interview mit der Juristin Anne Pertsch von Equal Rights Beyond Borders