Suizidversuch in der Ausländerbehörde
ZAB ignoriert Attest und führt den suizidgefährdeten Herrn M. zwangsweise der senegalesischen Delegation vor
Anfang März befand sich eine Delegation aus dem Senegal in München mit dem Ziel, die Staatsangehörigkeit senegalesischer Asylsuchender zu bestätigen, um diesen Reisedokumente für eine Abschiebung ausstellen zu können. Auch Herr M. wurde zu einem Vorsprachetermin bei der Zentralen Ausländerbehörde Oberbayern (ZAB) geladen. Herr M., der sich seit sechs Jahren in Deutschland befindet, leidet an einer diagnostizierten rezidivierenden depressiven Störung. Er hat Angstzustände und äußerte immer wieder Todeswünsche. Seit Jahren befindet er sich daher regelmäßig in stationärer und ambulanter psychiatrischer Behandlung. Rechtsanwältin K. vertritt Herrn M. in seinem Folgeverfahren und legte dem BAMF und der Ausländerbehörde mehrmals Atteste über die bestehende Erkrankung und Reiseunfähigkeit vor.
Dennoch erhielt Herr M. einen Termin bei der senegalesischen Delegation in der ZAB zur persönlichen Anhörung zum Zwecke der Ausstellung eines Reisedokuments. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ihm die zwangsweise Vorführung durch die Polizei angedroht. Seine Anwältin legte daraufhin ein aktuelles ärztliches Gutachten vor, das Herrn M. eine Verschlechterung seines Zustandes mit zunehmenden Suizidgedanken attestierte. Aus fachärztlicher Sicht war Herr M. aufgrund seines gesundheitlichen Zustands aktuell nicht in der Lage, eine Vorstellung bei der Ausländerbehörde vorzunehmen.
Ungeachtet der attestierten zunehmenden Suizidalität des Herrn M. und ungeachtet des eingereichten fachärztlichen Berichts und eines Briefs der Anwältin, wurde die polizeiliche Vorführung angeordnet. Die Polizei erschien zwei Stunden vor dem eigentlichen Termin bei der senegalesischen Delegation bei Herrn M. in der Unterkunft und brachte ihn gegen dessen Willen zur ZAB. Herr M. informierte die Beamt:innen noch in der Unterkunft, dass es ihm gesundheitlich nicht gut gehe und er deshalb am Vortag erst bei seiner Ärztin vorgesprochen habe. Auch dies blieb unbeachtet.
Im Wartebereich der ZAB stürzte sich Herr M. in einem unbeobachteten Moment aus dem Fenster des Dienstgebäudes der Regierung von Oberbayern in der Absicht, sich das Leben zu nehmen. Als die Polizeibeamt:innen die behandelnde Ärztin über den Suizidversuch informierten, fragten sie nach, ob das Verhalten des Herrn M. auch als Fluchtversuch gewertet werden kann. Herr M. hat den Suizidversuch überlebt und befand sich mehrwöchig in stationärer Behandlung.
„Das Verhalten von ZAB und Polizei lässt tief blicken: erst ignorieren sie fachärztliche Atteste, um Menschen für die Abschiebung vorzubereiten. Im Anschluss besitzen sie noch nicht einmal den Anstand, sich nach dem Befinden des Herrn M. zu erkundigen, sondern unterstellen ihm einen Fluchtversuch“, kritisiert Nadine Kriebel vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Seine Rechtsanwältin Frau K. ergänzt: „Entweder bleiben die eingereichten fachärztlichen Atteste gänzlich unbeachtet oder genügen pauschal nicht den hohen gesetzlichen Anforderungen. Dass die Situation, wie im vorliegenden Fall, lebensgefährlich enden kann, bleibt dabei völlig unbeachtet. Der Umgang mit fachärztlichen Attesten ist daher empörend und folgenschwer.“
Eine Woche nach dem Vorfall in der ZAB, Herr M. befand sich immer noch in stationärer Behandlung, erhielt seine Rechtsanwältin Frau K. einen weiteren Brief der ZAB, welcher Herrn M. erneut über seine Mitwirkungspflichten informierte.