Repression als Selbstzweck?
Verfassungswidriger Polizeieinsatz in Nürnberger Asylbewerberunterkunft
Am gestrigen Dienstagmorgen, den 18. Februar 2020, fand in einer Asylbewerberunterkunft in Nürnberg eine großanlegte Polizeikontrolle statt. Bewohner*innen berichten von unzähligen Polizist*innen im Haus, Polizeibusse riegeln alle Ausgänge ab. Laut Aussage von Augenzeug*innen wurden Zimmer betreten, Personalien überprüft, in einigen Fällen wurde Kleidung vom Bett hochgehoben. Eine alleinstehende Frau mit kleinem Kind berichtete, dass ohne jegliche Ankündigung 6 schwarzgekleidete, männliche Polizisten in ihr Zimmer eingedrungen sind, um die Ausweise zu kontrollieren.
Dies ist kein Einzelfall. Alleine in den letzten vier Wochen sind dem Bayerischen Flüchtlingsrat nicht nur in der Unterkunft in Nürnberg, sondern auch in den Ankerzentren Schweinfurt, Zirndorf und Regensburg sogenannte „anlasslose“ Polizeirazzien bekannt geworden. Mutmaßlich ist die Dunkelziffer weit höher.
Wie bereits in unserer Pressemitteilung vom 13. Februar 2020 erwähnt, hält der Bayerische Flüchtlingsrat diese Art von Polizeieinsätzen für verfassungswidrig. Das Betreten von Zimmern in Asylbewerberunterkünften ohne Anlass oder zur bloßen Identitätsfeststellung ist rechtlich – auch durch das Bayerische Polizeiaufgabengesetz – nicht gedeckt. Laut der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 03. Dezember 2019 rechtfertigt allein das Interesse der Polizei, die Identität der Bewohner*innen festzustellen, nicht den Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung.
Laut des Polizeipräsidiums Mittefranken war auch der heutige Einsatz ein „anlassloser“. Ergebnis der Kontrolle: nicht viel mehr als ein abgelaufener Aufenthaltstitel.
„Wie die bayerische Polizei weiterhin an den präventiven Einsätzen festhalten kann, bleibt ihr Geheimnis. Der Aufwand ist in Relation zum Ergebnis dieser Kontrollen einfach nur absurd. Wirklich erheblich ist nur der Schaden für die Betroffenen“, kritisiert Johanna Böhmvom Bayerischen Flüchtlingsrat. “In den uns bekannten Einsätzen wurden in allen Fällen die Zimmer der Bewohnerinnen und Bewohner betreten. Das verstößt gegen das Grundgerecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und ist damit schlicht verfassungswidrig. Diese repressive Praxis der bayerischen Polizei kriminalisiert die Bewohnerinnen und Bewohner und schüchtert sie ein, sie muss umgehend ein Ende haben!“