Quarantäne-Chaos im ANKER-Zentrum Oberfranken
Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert: Quarantäneregelungen weder transparent noch nachvollziehbar
Berichten von Bewohner*innen zufolge ist die Quarantänesituation im ANKER-Zentrum Oberfranken in Bamberg äußerst intransparent. So kam etwa Anfang Oktober ein Geflüchteter neu in die Einrichtung. Dort wurde er sofort in den Quarantänetrakt verlegt und auf Corona getestet. Mitarbeitende des Sicherheitsdienstes berichteten ihm, dass er das Gebäude verlassen dürfe, sich aber registrieren müsse. Dies tat er auch mehrere Tage lang. Als ihm auf mehrfache Nachfrage immer wieder mitgeteilt wurde, dass sein Testergebnis noch nicht da sei, erkundigte er sich selbst beim Medizinischen Dienst. Dabei wurde ihm gesagt, dass das negative Testergebnis längst vorliege. Als er daraufhin das Lager betreten wollte, hinderte ihn der Sicherheitsdienst daran und behauptete, dass er erneut einen Corona-Test machen und sich in Quarantäne begeben müsse, weil er als abwesend gelte. Auf telefonische Nachfrage durch eine Ehrenamtliche, die ihn betreut, gab die Regierung von Oberfranken an, dass das Testergebnis zu alt sei und verwies auf ein Informationsblatt zu den Quarantänebestimmungen, das dem Betroffenen und anderen in der Quarantänestation jedoch nie ausgehändigt wurde. Ein weiteres Argument für die Verlängerung der Quarantäne war, dass er zu einem Termin mit der Regierungsstelle nicht erschienen sei. Über diesen Termin wurde er jedoch nie informiert.
Weitere Geflüchtete im ANKER-Zentrum berichteten, dass sie bereits seit mehreren Wochen in diesem Quarantänebereich untergebracht sind. Hinzu kommt die Problematik, dass sich Personen mit negativem Testergebnis gemeinsam mit Personen mit ungeklärtem Corona-Status Zimmer teilen müssen. Hygienische Standards scheinen zudem im Quarantänebereich wie auch in der Nach-Quarantänestation, in der sich Negativ-Getestete für weitere fünf Tage isoliert aufhalten sollen, nicht konsequent eingehalten zu werden, insbesondere in Bezug auf Abstände zwischen den Schlafplätzen sowie deren Desinfektion, das Tragen von Masken und das Vorhandensein von Putzmitteln, um Geflüchteten die Reinigung ihrer Schlaf- und Sanitärräume zu ermöglichen.
„Die Berichte zeigen, dass die Regierung von Oberfranken zwar behauptet, dass sie alles im Griff hat. Die Lage vor Ort zeigt jedoch eine andere Version: Die Zustände sind chaotisch und undurchsichtig“, kritisiert Thomas Bollwein vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Darunter leiden vor allem die Bewohnerinnen und Bewohner des ANKER-Zentrums. Wieder einmal zeigt sich, dass in Bezug auf Geflüchtete wohl andere Maßstäbe gelten als für den Rest der Bevölkerung. Die ergriffenen Maßnahmen sind nicht nachvollziehbar – schon gar nicht, wenn die Betroffenen nicht einmal darüber aufgeklärt werden. Hier muss dringend nachgebessert und eine transparente Handhabung gefunden werden. Seit Beginn der Pandemie fordern wir von der Bayerischen Staatsregierung die Entzerrung der Massenlager durch eine alternative Unterbringung wie zum Beispiel in Hotels und Pensionen, die eh unter Einbußen leiden. Wieder einmal mehr sehen wir uns bestätigt, dass eine menschenwürdige Unterbringung in Massenunterkünften nicht möglich ist. Deswegen müssen ANKER-Zentren abgeschafft werden“.