Newsletter 08/23
Aktuelles
Wichtiger denn je – unsere Arbeit für die Asyl-und Menschenrechte
Alle paar Tage prasselten im Sommer 2023 besorgniserregende flüchtlingspolitische Nachrichten auf uns ein. Die geplante Verlagerung von Asylverfahren an die EU-Außengrenzen im Rahmen von GEAS, massive Einsparungen im Asyl-und Migrationsbereich, ein Diskussionspapier des BMI für schärfere Abschieberegeln. Wo soll das hinführen?
Weil es flüchtlingspolitisch gerade mehr denn je unseren und euren Einsatz für die Asyl- und Menschenrechte braucht, sind wir auf jede Unterstützung angewiesen.
Ihr lest schon fleißig unseren Newsletter, aber wollt gern noch mehr über unsere Arbeit erfahren? Dann lest hier unseren aktuellen Spendenbrief und unterstützt uns mit Eurer Fördermitgliedschaft, Spende oder einem Hinterland Abo.
Sommerpause
14. August bis 1.September 2023
Der Bayerische Flüchtlingsrat geht in die Sommerpause. Vom 14. August bis 01. September 2023 haben wir unsere Büros geschlossen. Telefonanrufe und E-Mails werden nicht beantwortet. In ganz dringenden Fällen könnt ihr eine Mail an kontakt@fluechtlingsrat-bayern.de schreiben (bitte bereits im Betreff als „dringend“ kennzeichnen).
Ab dem 4. September sind wir wieder wie gewohnt zu erreichen.
Zwei neue Projekte des Bayerischen Flüchtlingsrates
Lets talk! für mehr Gewaltschutz in Unterkünften und KYRA-Know your rights in the Asylum System starten im Herbst
Unseren Mitarbeiterinnen Simone Eiler, Nadine Kriebel und Anja Edelhäuser ist es gelungen, dass die Arbeit zum Thema Gewaltschutz für Frauen und Kinder weitergeführt werden kann. Die Finanzierung des bisherigen Projekts We talk! läuft im Sommer 2023 nach 3 Jahren Förderung durch die Aktion Mensch aus. Zum Abschluss des Projekts entwickelten die Mitarbeiterinnen ein Leporello mit Basisinformationen und Kontakten rund um Gewaltschutz für geflüchtete Frauen und Kinder. Dieses wird im Herbst 2023 in verschiedenen Sprachen auch auf der Projektseite von We talk! erscheinen.
Das neue Projekt trägt den Titel Let´s Talk! und wird ab Oktober von der Fernsehlotterie für 3 Jahre gefördert. Die Mitarbeiterinnen werden in verschiedenen Unterkünften in mehreren Regierungsbezirken Workshops durchführen. Geflüchtete Frauen werden zu Asyl- und Aufenthaltsrecht, geschlechtsspezifischer Gewalt und Partnerschaftsgewalt geschult und informiert. Sie erfahren über Möglichkeiten und Unterstützung, um sich aus Gewaltsituationen zu befreien – trotz unsicherem Aufenthaltsstatus oder noch während des Asylverfahrens. Ziele sind das Empowerment geflüchteter Frauen und die Solidarität mit ihnen zu stärken.
Das Lets talk!-Team wird außerdem Beratung anbieten und Veranstaltungen zur Sensibilisierung der Fachöffentlichkeit am Schnittpunkt Asyl- und Aufenthaltsrecht und Gewaltschutz durchführen.
Wir haben es außerdem geschafft, für ein weiteres Projekt mit dem Titel KYRA- Know your Rights in the Asylum System, eine Förderung für 18 Monate von der Postcodelotterie zu erhalten. Mit der Finanzierung können wir unsere Beratungs- und Informationsangebote für Geduldete erweitern und eine:n neue:n Mitarbeiter:in einstellen.
Chancenaufenthalt: Halbjahreszahlen und Bilanz
Ein halbes Jahr Chancenaufenthalt – Unsere kritische Bilanz
Das neue Chancenaufenthaltsgesetz ist nun seit mehr als einem halben Jahr in Kraft. Die ersten Zahlen aus dem Innenministerium klingen zunächst recht positiv. In Bayern gibt es knapp 29.000 Menschen mit einer Duldung. Davon sind ca. 17.200 Personen länger als 5 Jahre in Deutschland. Im ersten Halbjahr 2023 haben in Bayern um die 12.000 Personen einen Antrag auf den Chancenaufenthalt gestellt. Mehr als 6.000 Personen haben bislang den Chancenaufenthalt nach § 104 c AufenthG erhalten. 942 Anträge wurden abgelehnt. Über einen Großteil der Anträge wurde jedoch noch nicht entschieden.
Den Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) und den Bayerischen Flüchtlingsrat haben die vielen positiven Zahlen aus dem Innenministerium überrascht, da unsere Erfahrungen aus der Beratung oder der Vertretung von Mandant:innen eher negativ sind. Das kann in der Natur unserer Arbeit liegen. Um einen ausgewogeneren und größeren Überblick zu erhalten, haben der der RAV und der Bayerische Flüchtlingsrat gemeinsam in den letzten Monaten Hauptamtliche, Ehrenamtliche und Antragsteller:innen nach ihren Erfahrungen mit dem Chancenaufenthalt befragt.
Wir kommen zu dem Schluss: Es gibt großen Nachhol- und Änderungsbedarf bei der Umsetzung des Chancenaufenthaltsrechts in Bayern. Sowohl das BMI als auch das bayerische Innenministerium und die Behörden müssen reagieren. Unsere Ergebnisse und Forderungen haben der RAV und der Bayerische Flüchtlingsrat am 27. Juli 2023 in einer Pressekonferenz vorgestellt und in einer gemeinsamen Pressemitteilung veröffentlicht.
Hier könnt ihr unsere Bilanz und die Berichterstattung nachlesen bzw. nachhören.
Wir werden es weiter beobachten. Teilt uns Eure Erfahrung mit und tragt Eure Rückmeldungen direkt in unserem Formular ein oder schickt sie per E-Mail.
Gewalt gegen Geflüchtete in Bayern steigt deutlich
Aktuelle Zahlen besorgniserregend – Was wir tun können
Der Bayerische Flüchtlingsrat und B.U.D. Bayern sehen aktuelle Entwicklungen mit großer Sorge und fordern klare Position gegen rechte und rassistische Gewalt.
Täglich werden Geflüchtete und Unterkünfte zur Zielscheibe rechter Gewaltdelikte. Ob in Allach, Zirndorf oder Burgoberbach: in Bayern entstehen unablässig neue vermeintliche Bürger:inneninitiativen, die gegen geplante Unterkünfte Stimmung machen. Unseren Beobachtungen zur Folge stecken hinter der Stimmungsmache häufig rechte Agitator:innen wie die AfD oder die neonazistische Kleinstpartei „Der dritte Weg“.
Lest hier die gemeinsame Pressemitteilung des BFR und B.U.D. Bayern nach.
Ihr wollte selbst als Person oder Initiative aktiv werden? Dann schaut Euch unseren Leitfaden an und teilt ihn auch gerne mit den Behörden und anderen Unterstützerinnen.
Beratungsstellen, Tipps und Hinweise auf unserer Website.
Änderung Abschiebungspraxis Irak
Keine Einschränkung mehr auf Personen mit strafrechtlichen Verurteilungen
Wir möchten Euch auf eine Veränderung bezüglich Abschiebungen in den Irak aufmerksam machen, die wir leider seit ein paar Monaten beobachten. Bis letztes Jahr fanden bis auf Ausnahmen von irakischen Staatsangehörigen mit relevanten strafrechtlichen Verurteilungen keine Abschiebungen in den Irak statt. Das hat sich in diesem Jahr geändert. Uns sind leider Einzelfälle bekannt, die in den Zentral-Irak abgeschoben wurden. Weiter wissen wir von geplanten Abschiebungen.
Betroffen sind dabei Personen ohne strafrechtliche Verurteilungen, die einen Pass abgegeben hatten. Es sind (noch) sehr, sehr wenige Fälle. Dennoch wollen diese Information teilen.
Wir wissen noch nicht genau, worauf sich diese Änderung in der Abschiebepraxis begründet. Anfragen an den Bayerischen Landtag und den Bundestag laufen. Wir wissen nicht viel, aber scheinbar nimmt der (Zentral-)Irak wieder auf. Die Abschiebungen fanden ohne Begleitung der Bundespolizei statt. Alle uns bekannten Person haben einen Pass abgegeben. In unserer Beratung gab es zudem ein paar Einzelfälle, bei denen Ausländerbehörden bereits Duldungen entzogen haben. Ob das mit geplanten Abschiebungen oder etwa mit dem Versuch der Verhinderung des Chancenaufenthalts zu tun hat, können wir noch nicht sagen.
Wir bitten um Rückmeldungen per E-Mail mit Betreff: „Rückmeldung Irak Abschiebung“, wenn euch Fälle bekannt sind, in denen irakische Personen mit Duldung, Pass vorliegend, ohne relevante strafrechtliche Verurteilungen betroffen sind von Duldungsentzug, Abschiebeandrohungen oder auch bei euch bekannten Abschiebungen.
Mitmachen
Offen Bleiben
Erfolgreiche Demo – Sei dabei! Weitere Aktionen planen und mitmachen
Als Reaktion auf die Pläne einer „Asylreform“ im Rahmen von GEAS – Gemeinsames Europäisches Asylsystem gründeten zivilgesellschaftliche Organisationen Münchens eine Kampagne mit dem Titel OFFEN BLEIBEN für eine solidarische Gesellschaft.
Die erste große Aktion und der erfolgreiche Start war die große Kundgebung in der Münchner Innenstadt am 16. Juli 2023.
In den kommenden Wochen werden wir uns mit weiteren Aktionen lautstark zu Wort melden! Seid dabei! Bereits mehr als 350 Einzelpersonen und mehr als 200 Organisationen haben sich der Kampagne angeschlossen.
Werde auch aktiv und unterstütze die Kampagne als Einzelne:r oder als Organisation. Hier kannst du dich oder deine Organisation mit Foto oder Logo eintragen.
Ihr wollt als Organisation aktiv bei Aktionen mitorganisieren? Dann kontaktiert die Initiator:innen hier.
Termine
Soli-Festival rage against abschiebung 2023
SAVE THE DATE: rage against abschiebung am 2. Oktober 2023 im Feierwerk München
Dieses Jahr findet wieder unser Soli-Festival rage against abschiebung – wie immer am 2. Oktober – im Feierwerk München statt. Das rage against abschiebung ist das größte regelmäßig stattfindende antirassistische Festival im süddeutschen Raum, veranstaltet vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Die Einnahmen und Spenden kommen direkt der konkreten Geflüchtetenarbeit zu Gute.
Auf dem rage against abschiebung spielen in diesem Jahr auf zwei Hallen großartige Bands, dazu gibt es ein Rahmenprogramm und vieles mehr.
Merkt euch also den Termin im Kalender vor, mehr Infos findet ihr bald auf unserer Website oder unter Rage against Abschiebung.
Sammelabschiebungen Gambia, Nigeria und Ghana
Warnung: Hinweise auf Sammelabschiebungen im August
- Sammelcharter nach Gambia am 15.08.2023
- Sammelcharter nach Ghana am 23.08.2023
- Sammelcharter nach Nigeria 29.08.2023
Es gibt Hinweise auf Sammelabschiebungen in die o.g. Länder. Für Geflüchtete aus diesen Herkunftsländern, deren Asylverfahren und Klagen abgelehnt sind, besteht die Gefahr einer Abschiebung. Wir raten deshalb allen vollziehbar ausreisepflichtigen Geflüchteten aus Gambia, Ghana und Nigeria, sich von Anwält:innen oder Beratungsstellen informieren und beraten zu lassen. Besonders empfehlen wir darauf zu achten, dass die Ausländerbehörden über bestehende Krankheiten, bevorstehende Ausbildungsaufnahmen und auch andere „Integrationsleistungen“ informiert sind.
Warnhinweise und Informationen gegen die Angst findet ihr hier.
(Diese Hinweise beinhalten Informationen darüber, welche Personen NICHT gefährdet sind, sowie welche aufenthaltsrechtlichen Perspektiven es noch geben könnte.)