Lagerpflicht ohne Ende
Regierung von Oberbayern verlängert gesetzliche Aufenthaltsdauer vieler Geflüchteter im Ankerzentrum ins Unendliche und verhöhnt Kritik der Zivilgesellschaft
Trotz mehrfacher Hinweise des Bayerischen Flüchtlingsrats an das Innenministerium wurde von der Staatsregierung dementiert, dass sich eine große Zahl an Menschen noch immer in den ANKER-Zentren befindet, die nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Der Bayerische Flüchtlingsrat meldete im März rund 80 Fälle von Personen, die aufgrund ihres Verfahrensstatus nicht mehr in einer Aufnahmeeinrichtung leben müssen. Das Innenministerium hatte Mitte Mai endlich eingelenkt und verlautbaren lassen, dass diese Liste überprüft worden sei und „die betreffenden Personen zeitnah Unterkünften der Anschlussunterbringung zugewiesen“ wurden oder werden.
Doch auch weiterhin müssen viele Personen in den ANKER-Zentren wohnen, obwohl sie rechtlich nicht mehr dazu verpflichtet sind oder aufgrund ihrer Vulnerabilität eigentlich nie dort hätten untergebracht werden dürfen. Der Bayerische Flüchtlingsrat hat daher heute eine weitere Fallsammlung von diesmal knapp hundert Personen an das Innenministerium geschickt und fordert die Verantwortlichen auf, unverzüglich für die Verteilung aller auszugsberechtigten Personen zu sorgen. Viele von ihnen verbringen nun bereits rund 24 Monate den diesen Lagern.
„Es ist die Pflicht und nicht die Kür der Landesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass die Umverteilung von Personen aufgrund rechtlicher Vorgaben und humanitären Gründen reibungslos und automatisch geschieht ist,“, kritisiert Katharina Grote vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Die zu beobachtende Verantwortungsdiffussion statt der hochgelobten „Bündelung der Kompetenzen“ in Ankerzentren ist nicht tragbar!“
Doch nicht nur die unendliche Aufenthaltsdauer, sondern auch die unhaltbaren Lebensbedingungen werden von einem Bündnis aus Parteien, NGOs, Sozialen Trägern und Ehrenamtlichen scharf kritisiert. Die Reaktionen der Stadtrats-CSU und der Regierung von Oberbayern auf die kürzlich veröffentlichte Ingolstädter Erklärung verhöhnen jedoch die Zivilgesellschaft statt sie ernst zu nehmen. Über die Kritik an den bestehenden schikanösen und menschenunwürdigen Bedingungen in den Lagern in Ingolstadt zeigte sich die Stadtrats-CSU lediglich „erstaunt“ – die Pressesprecherin der Regierung von Oberbayern wies die Vorwürfe gar pauschal zurück. Für sie steht nach wie vor fest, dass in den ANKER-Zentren und Dependancen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben gehandelt wird.
„Durch die Wiederholung werden die Behauptungen der Regierung nicht wahrer und die Bedingungen für die Menschen in den Lagern nicht besser,“ so Grote weiter. „Wir fordern die Regierung von Oberbayern und das Innenministerium zu einer Kehrtwende bezüglich der ANKER-Zentren auf: Es ist an der Zeit, das Scheitern der Ankerzentren einzugestehen. Die demütige Rückkehr zu Rechtstaatlichkeit und Menschlichkeit wären wärmstens zu empfehlen, bevor die Verantwortlichen sich ganz und gar unglaubwürdig machen! Die derzeitige gebündelte Inkompetenz ist in jedem Falle schwer zu ertragen.“