Kritik am Umgang mit Corona-Ausbruch im ANKER-Zentrum

Pressemitteilung der Bamberger Mahnwache Asyl vom 01.02.2021

Nachdem am vergangenen Montag im Anker-Zentrum Bamberg bei einer Reihentestung 55 Bewohner:innen positiv auf Covid 19 getestet wurden, wurden in der Einrichtung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um eine weitere Ausbreitung zu vermeiden. Die Bamberger Mahnwache Asyl kritisiert die Art und Weise der Umsetzung dieser Maßnahmen scharf. „Uns haben unabhängig voneinander mehrere Hilferufe betroffener Personen erreicht. Die geschilderten Zustände und Bilder sind menschenunwürdig.“ Für Pfarrerin Mirjam Elsel, Koordinatorin der Flüchtlingsarbeit im Dekanat Bamberg und Mitoganisatorin der Bamberger Mahnwachen Asyl, werfen sie viele Fragen auf. „So kann man in unserem reichen Land nicht mit Menschen umgehen.

Positiv getestete Personen und Kontaktpersonen wurden in Quarantäne-Blocks untergebracht. Die dort untergebrachten Personen hatten nur wenige Minuten Zeit, um das Nötigste mitzunehmen. Bis heute wissen sie nicht, was mit ihren persönlichen Gegenständen passiert sei. Es fehle an grundlegenden Informationen. Alleinstehende Personen sind jetzt teilweise zu sechst in einem Appartement untergebracht. Abstandhalten ist so nicht möglich. Es fehle an Klopapier, Hygieneartikeln, Desinfektions- und Putzmitteln. Auch Mund-Nasen-Schutz sei nicht vorhanden. Teilweise hätten die Leute keine Zudecken und müssten auf Matratzen auf dem Boden schlafen. Die Quarantäne-Blocks sind von Bauzäunen umgeben. Die Essensausgabe erfolgt durch die Security über den Zaun in Plastiktüten dreimal täglich zu unbestimmten Zeiten. Eine geordnete Verteilung findet nicht statt, teilweise dicht gedrängt stehen die Menschen am Zaun. Wer die Essenausgabe verpasse, habe keine Möglichkeit noch Essen zu bekommen. Das Essen sei grundsätzlich kalt. Auf den Videoanrufen war außerdem zu sehen, wie Müllsäcke sich am Zaun stapeln. Mindestens in einigen Wohnungen scheint die Heizung nicht richtig zu funktionieren. Aus Angst vor Ansteckung lassen die Menschen die Fenster trotz der Kälte offen. Viele befinden sich bereits seit Wochen in Quarantäne. Nachdem die Menschen weiterhin auf engem Raum zusammenleben müssen, kann die Quarantäne nicht aufgehoben werden, wenn es einen erneut positiv getesteten Fall gibt. Testergebnisse würden nicht schriftlich ausgehändigt, sondern nur mündlich mitgeteilt. Menschen, die sich nicht kennen und teilweise auch nicht verständigen können, müssen in dieser schwierigen Situation zusammenleben. Die Angst ist groß, das Misstrauen untereinander wächst, die Menschen fühlen sich völlig alleine gelassen und sind verzweifelt. Darunter sind Menschen mit psychischen Vorerkrankungen, die sich in dieser Situation noch verstärken und keine Behandlung erfahren.

Große Kritik gibt es auch an der Einrichtung der Quarantäne-Blocks. Die Räumung der dafür vorgesehen Blocks wurde von Polizeieinheiten koordiniert. Es gibt mehrere Klagen, dass die Menschen ungenügend über den Grund und das weitere Verfahren aufgeklärt wurden. Einige seien in Panik geraten, weil sie Abschiebungen befürchteten. Bis zu zehn Polizist:innen überwachten den Auszug aus einem Appartement. Die Bewohner:innen wurden angehalten ihre Sachen zu packen, Essen wurde vernichtet. Mehrere Quellen berichten von dramatischen Umständen. Z. B. soll ein herzkranker älterer Mann, weil es nicht schnell genug ging, von Polizeibeamten die Treppe herunter gezerrt worden sein. Alle persönlichen Sachen, auch Bettzeug, musste auf dem verschneiten Gehweg abgelegt werden. Die Leute wurden in freie Blocks umgezogen, diese seien jedoch nach Auskunft von Betroffenen verdreckt und kalt gewesen. In einigen hätten kurz vorher noch positiv getestete Personen gewohnt, eine Reinigung habe nicht stattgefunden. Die Belegungsdichte musste aufgrund fehlender Kapazitäten in diesen Häusern erhöht werden. Auch hier scheinen die hygienischen Umstände schlechter als vorher. Aufgrund der Reihentestung schloss das Sozialamt für die gesamte Woche und die Auszahlung des monatlichen Taschengeldes wurde um eine Woche verschoben. Für die Menschen, die sowieso nur über ein Minimum an Bargeld verfügen, oftmals eine Katastrophe. Außerdem wurde mitgeteilt, dass nur diejenigen eine Auszahlung bekämen, die einen Corona-Test gemacht hätten. Dies führt zu weiterer Verunsicherung.

Das Mahnwachenteam kritisiert: „Nach den Problemen bei dem letzten größeren Ausbruch in der Einrichtung wurde eine Verbesserung für alle Betroffenen zugesagt. Es ist nichts passiert. Allen war bewusst, dass es zu einem solchen Ausbruch kommen kann. Massenunterkünfte sind in dieser Situation unverantwortbar.

Am Montag, 1. Februar findet kurzfristig um 18 Uhr eine Online-Mahnwache Asyl statt, in der Betroffene zugeschaltet sind und über die Situation im Anker-Zentrum berichten. Der Zoom- Link kann unter es.sind.wir@googlemail.com angefordert werden.