RESOLUTION des 30. Ökumenischen Studientages

Flüchtlingsarbeit & Kirchenasyl: Migrationspolitik in Zeiten der Abschottung

Veranstaltung von Samstag, 13. April 2024 von 9:30 bis 16 Uhr im Gemeindezentrum Gustav-Adolf-Gedächtnis-Kirche, Allersberger Str. 116, Nürnberg

Flüchtlingsschutz statt Abschottung

Das Grundrecht auf Asyl und der Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention sind als Menschenrechte die Basis unserer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaften in Deutschland wie in der Europäischen Union. Wer daran rüttelt, höhlt das Fundament unseres Rechtsstaats aus. Mit Besorgnis stellen wir fest, dass im gesellschaftlichen und politischen Diskurs zum Thema Flucht und Migration eine zunehmend feindseligen Tendenz vorherrscht und fordern daher:

1.

Die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz darf nicht an Drittstaaten ausgelagert werden. Die Kollaboration mit Unrechtsregimen liefert Schutzsuchende sehenden Auges Gewalt und Willkür aus. Eine Auslagerung von Asylverfahren in sogenannte sichere Drittstaaten, wie es die CDU in ihrem Grundsatzprogramm vorschlägt, darf es nicht geben.

2.

Nachdem das EU-Parlament für die GEAS-Reform gestimmt hat, werden in Zukunft Schutzsuchende über Wochen und Monate hinweg in riesigen geschlossenen Lagern festgehalten, wie jetzt schon auf den griechischen Inseln Lesbos und Samos realisiert. Wir haben große Zweifel, dass asylrechtliche und soziale Standards in diesen Lagern eingehalten werden und fordern, den Betroffenen Zugang zu nichtstaatlicher Beratung und anwaltlicher Hilfe zu gewährleisten sowie ein unabhängiges Monitoring zu etablieren.

3.

Bei der zukünftigen Verteilung der Flüchtlinge nach GEAS sind die Bedürfnisse der Betroffenen – etwa Verwandtschaft, Sprachkompetenz – zu berücksichtigen. Wir fordern Abschiebungsstopps in Mitgliedsstaaten, in denen menschenrechtlich bedenkliche Behandlung von Flüchtlingen stattfindet. 

4.

Seenotrettung ist eine völkerrechtliche und humanitäre Pflicht, der die Mitgliedstaaten nachkommen müssen. Unterlassene Seenotrettung ist strafrechtlich zu verfolgen. Wir fordern den Ausbau staatlicher Seenotrettung und die konstruktive Zusammenarbeit mit Initiativen der privaten Seenotrettung. Zivile Seenotrettung darf weder behindert noch kriminalisiert werden. Die Zusammenarbeit mit libyschen Milizen muss eingestellt werden.

5.

Wir fordern, die Aufnahme in Land und Kommunen von Beginn an mit einem „integrierten Bleibemanagement“ zu verknüpfen, einschließlich Deutschkursen, altersgerechten Lernangeboten, der Feststellung beruflicher Qualifikationen und einer Arbeitserlaubnis. Um eine unabhängige Beratung für Schutzsuchende zu gewährleisten, müssen alle Förderbereiche ausreichend finanziert sowie bedarfsgerecht ausgebaut werden. Die Kommunen müssen nachhaltige Konzepte zur Aufnahme entwickeln, welche eine angemessene Unterbringung auch für künftige Geflüchtete vorhält. Wir fordern eine dezentrale Unterbringung, schnellstmöglich in privatem Wohnraum.

6.

Nach abgelehntem Asylantrag ist eine sorgfältige Einzelfallprüfung zur Möglichkeit der Aufenthaltssicherung vorzunehmen. Wir fordern eine Beratungspflicht der Ausländerbehörden zu Bleibeperspektiven. Wenn gut integrierte und berufstätige Geflüchtete die zeitlichen Voraussetzungen einer Übergangsregelung nicht erfüllen, sollte insbesondere ethnisch oder religiös Verfolgten (Kurden/Türkei, Jesiden, konvertierte Christen etc.) aus humanitären Gründen ein Aufenthaltstitel gewährt werden.

7.

Sollte ein weiterer Verbleib in Deutschland nicht möglich sein, ist die Ausreise human zu gestalten, insbesondere durch bessere Förderung der freiwilligen Ausreise. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit sollte bei Abschiebung und Beantragung von Abschiebungshaft eingehalten werden. Insbesondere dürfen aus Schutzräumen wie Schulen, Arbeits- und Ausbildungsstellen, Krankenhäusern sowie aus dem Kirchenasyl keine Abschiebungen erfolgen. Die Passbeschaffung darf nicht mit falschen Versprechungen, etwa der Erteilung einer Arbeitserlaubnis, verbunden werden. Damit geht Vertrauen in die Behörden verloren.

Wir fordern eine Flüchtlings- und Migrationspolitik, die Integration und Teilhabe in den Vordergrund stellt.

Für Rückfragen stehen zur Verfügung:

Stephan Dünnwald (Bayerischer Flüchtlingsrat) 0177 – 721 68 30
Ingrid Kagermeier (Runder Tisch in der Metropolregion Nürnberg) 0157 – 328 735 29
Dieter Müller SJ (Jesuiten-Flüchtlingsdienst & BAG Asyl in der Kirche) 0178 – 167 33 17