FFP2-Maskenpflicht: Infektionsschutz schwergemacht
Undurchdachte Symbolpolitik statt durchdachter Infektionsschutz – Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert chaotische Regelungen bei Versorgung von Geflüchteten
Am 12.1.21 hat die bayerische Staatsregierung beschlossen, dass zum Infektionsschutz in öffentlichen Verkehrsmitteln und im Einzelhandel FFP2-Masken getragen werden müssen. Diese verschärfte Maskenpflicht sollte am 18.1.21 in Kraft treten. Nicht bedacht wurde dabei offensichtlich, wie Bedürftige in der Lage sein sollen, die FFP2-Maskenpflicht zu erfüllen. Nach deutlicher Kritik teilte Ministerpräsident Markus Söder am 13.1.21 mit, der Freistaat würde 2,5 Millionen Gratismasken für Bedürftige bereitstellen. Gesundheitsminister Klaus Holetschek ergänzte, die Sozialämter würden diese Masken bis Ende dieser Woche an die Bedürftigen verteilen. Zudem wurde ein Kulanzzeit bis zum 25.01.21 eingeräumt.
Auch Geflüchtete, die Asylbewerberleistungen beziehen, gehen nicht leer aus. Hier wurde allerdings eine Sonderregelung getroffen. Seit Freitag steht fest: Sie erhalten keine der 2,5 Millionen „bayerischen“ Gratismasken. Stattdessen wird ihnen ein Budget von 6 € für Januar und 12 € für Februar eingeräumt, das über das Asylbewerberleistungsgesetz bewilligt wird. Ob die Geflüchteten ihre FFP2-Masken jetzt selbst kaufen müssen und dafür Ende des Monats ihr Budget rückwirkend ausgezahlt bekommen, oder die Masken zu Verfügung gestellt werden, sollen die Sozialämter der Landkreise und Kreisfreien Städte selbst entscheiden.
Der Bayerische Flüchtlingsrat begrüßt, dass nicht nur die Bezieher:innen von Arbeitslosengeld 2 und Rentengrundsicherung kostenlose Masken zur Verfügung gestellt bekommen sollen, sondern auch Geflüchtete, wie es zunächst auch angedacht war. Doch die Art und Weise, wie dies geschieht, ist empörend. Geflüchtete erhalten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bis zu 30 % niedrigere Sozialleistungen als Hartz IV-Empfänger:innen, ihre finanzielle Situation ist besonders prekär. Wer jetzt kein Geld mehr hat, kann nur hoffen, dass „sein“ Sozialamt noch diese Woche die FFP2-Masken als Sachleistung ausgibt. Andernfalls sind diese Personen von der gesellschaftlichen Teilhabe komplett ausgeschlossen. Eine existentielle Grundversorgung wird ihnen unmöglich gemacht, wenn sie sich nicht strafbar machen wollen.
„Für den Infektionsschutz sind FFP2-Masken eine sinnvolle Sache. Es ist schon lange ein Gebot der Vernunft, sie Geflüchteten in Sammelunterkünften zur Verfügung zu stellen, um hohe Infektionsrisiken und zermürbende Kettenquarantänen zu verringern. Ministerpräsident Söders symbolpolitische Schnellschussstrategie dagegen ist von einem durchdachten Infektionsschutz meilenweit entfernt. Eine Maskenpflicht zu erlassen, ohne vorab eine niedrigschwellige und effiziente Versorgung ALLER mit Masken sicher zu stellen, verursacht unübersichtliches Chaos und beansprucht unnötig Kräfte, die derzeit an anderer Stelle dringend gebraucht werden“, kritisiert Katharina Grote vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Wir fordern die Behörden auf, jetzt schnellstmöglich unbürokratische Lösungen zu finden, ausreichend FFP2-Masken an Geflüchtete zu verteilen sowie mit Informationen die gegenwärtige Verunsicherung zu beenden und für Aufklärung zu sorgen!“