In Rollstuhl und Gefängniskleidung nach Äthiopien
Der Fall von Mimi T.: Abschiebewahnsinn gegen jede Vernunft
Gestern Mittag, den 28.12.2020, wurde Mimi T. nach Äthiopien abgeschoben. Die Abschiebung fand in Begleitung von vier Polizist:innen von Frankfurt a. M. über Istanbul nach Addis Abeba statt. Gegen Mitternacht landete das Flugzeug in der äthiopischen Hauptstadt. Mimi T., immer noch in Gefängniskleidung, wurde ohne Bargeld und im Rollstuhl von der deutschen Polizei am Flughafen abgestellt. Ihre persönlichen Sachen, Kleidung und Wertgegenstände kamen bisher nicht an. Lediglich ihr Handy wurde am Flughafen in Addis Abeba übergeben – jedoch mit leerem Akku. Durch persönliche Kontakte einer Unterstützerin von Mimi T., konnte zumindest eine Abholung vom Flughafen sowie ein Pensionszimmer organisiert werden.
Wie bereits mehrfach berichtet, ist Mimi T‘s. Gesundheitszustand sehr besorgniserregend. Während ihrer mehrwöchigen Inhaftierung in der Abschiebehaft Eichstätt, hat die junge Äthiopierin massiv an Gewicht verloren und Flüssigkeit über eine Infusion erhalten. Zuletzt konnte sie sich kaum mehr mit eigener Kraft auf den Beinen halten und nur noch mit Hilfe gehen. In der Haft hat Mimi T. bereits einen Suizidversuch unternommen. Am 23.12.20 wurde Mimi in der Haft von einem Psychiater begutachtet, der eindringlich vor einer Abschiebung warnt. Internistisch wie auch psychiatrisch besteht dringender Handlungsbedarf, die schwere depressive Episode hat sich um psychotische Symptome erweitert. Eine Woche zuvor hatte bereits das Klinikum Ingolstadt auf Bestreben der Abschiebehaft Eichstätt Mimi T. untersucht. Auch hier wurde eine Reisefähigkeit verneint. Lediglich der Arzt aus der Haftanstalt Eichstätt stempelte die junge Frau reisefähig.
„Natürlich bestehen Zweifel an der Unabhängigkeit des Haftarztes. Und dass das Innenministerium wie auch die Nürnberger Ausländerbehörde trotz zweier fachärztlicher Warnungen sowie einer psychologischen Stellungnahme weiter die Abschiebung betreiben, grenzt an menschenverachtender Ignoranz“, so Johanna Böhm, vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Während einer Pandemie eine schwerkranke, alleinstehende Frau in ein Land, das sich wirtschaftlich und politisch in einer Krise befindet, abzuschieben, verstößt gegen jede Vernunft. Das ist kein behördliches Versagen – das ist administrativer Wille, der Menschenleben in Kauf nimmt.“
Neben zivilgesellschaftlichen Protesten wurden auch diverse Rechtsmittel eingelegt. Doch das Verwaltungsgericht Ansbach nahm die unabhängig erstellen Atteste nicht an, da diese nicht den gesetzlichen Anforderungen genügten. Der Gesetzgeber hat die Richtlinien für ärztliche Atteste für Geflüchtete derart nach oben geschraubt, dass herkömmliche Arztbriefe nicht mehr anerkannt werden.
„Der Fall von Mimi T. zeigt mehrfach den fatalen Status Quo in der Behandlung von Geflüchteten in Bayern“, so Böhm weiter. „Weder ärztliche Besorgnis noch zahlreiche Interventionen von Zivilgesellschaft, Kirche, Oppositions- und auch Regierungsparteien konnte das Innenministerium überzeugen, die Abschiebung zu stoppen. Das zeugt von einer äußerst antidemokratischen Haltung der CSU, die Abschiebungen um jeden Preis durchführen will.“