Abschiebungen
Abschiebungen sind in ANKER-Zentren an der Tagesordnung. Oftmals unter dem Einsatz vieler und stark bewaffneter Polizeikräfte. Oftmals in den frühen Morgenstunden. Für ohnehin schon traumatisierte Menschen aus Krisengebieten oder repressiven Regimen hat dies enorme psychologische Folgen – sie leiden an Angstzuständen und Schlafstörungen.
Ein Großteil der Abschiebungen betrifft sogenannte „Dublinfälle“. Denn nach der Dublin III-Verordnung der EU muss der Asylantrag einer Person in dem Land bearbeitet werden, in dem sie zum ersten Mal die europäische Union (sowie Norwegen, Liechtenstein, Island oder die Schweiz) betreten hat. Erst nach einer sechsmonatigen Frist wird das Land zuständig, in dem sich die Person aktuell aufhält. Deutsche Ausländerbehörden versuchen natürlich alles, um nicht für das Asylverfahren zuständig zu sein. Wenn eine betroffene Person zum Zeitpunkt des Termins der Dublin-Abschiebung nicht auf ihrem Zimmer im Lager anzutreffen ist, gilt sie als untergetaucht und die sechsmonatige Frist verlängert sich um weitere zwölf. Zwölf zusätzliche Monate, die diese Person im ANKER-Zentrum verbringen muss.
Zeitgleich mit den ANKER-Zentren wurde im August 2018 ein neues „Abschiebungslandesamt“ geschaffen. Und mit ihm 1.000 neue Arbeitsplätze, deren Aufgabe vor allem darin besteht, Abschiebungen kompromisslos und mit aller Härte durchzuführen. Egal, ob dabei Familien zerrissen oder schwer kranke Personen abgeschoben werden.
Blessing, 25, Nigeria, ein Jahr und neun Monate mit ihrem Sohn (1,5) in Manching/Ingolstadt:
Nicht alle Menschen dürfen in Deutschland bleiben, aber wenn Menschen abgeschoben werden sollen, sollte das zumindest auf angemessene Weise geschehen und nicht, indem an den Menschen gezerrt, sie geschlagen und gewaltsam gezwungen werden. Es ist wirklich sehr schlimm. Es gab einen Mann, dem gesagt wurde, er hätte einen Termin bei der ZAB, aber als er kam, haben sie sofort die Polizei gerufen. Er ist aus einem zweistöckigen Gebäude gesprungen. Er musste ins Krankenhaus gebracht werden, weil er sich ein Bein oder so gebrochen hat.
Meine Aufenthaltsgestattung ist abgelaufen. Ich habe Angst, weil die Polizei jederzeit kommen und mich suchen könnte, jeden Tag, jederzeit.
Kalkidan, 25, Äthiopien, acht Monate in Regensburg:
Wenn die Polizei zu Abschiebungen kommt, kommen sie mit Hunden und schwer bewaffnet. Wenn die Kinder also die Polizei draußen stehen sehen, haben sie Angst, aber das sollten sie ja eigentlich nicht, denn eigentlich sollte die Polizei uns beschützen.
Edosa, 22, Nigeria, seit zwei Jahren in Manching/Ingolstadt:
Das Thema Abschiebung ist für mich verrückt, denn viele Leute drehen durch, wenn sie den Bescheid bekommen, dass sie abgeschoben werden sollen, manche von ihnen bringen sich sogar um. Vor drei Monaten haben wir in unserem Camp einen Mann beerdigt. Ich weiß nicht einmal, wie es zu seinem Tod gekommen ist, sie haben ihn einfach im Wasser gefunden und festgestellt, dass er tot ist. Für mich waren die Lebensbedingungen der Grund. Denn wenn er ein gutes Leben gehabt hätte, wäre er nicht ins Wasser gegangen und hätte sich einfach so umgebracht.
Das Dublin-System – Grundlageninformationen von Pro Asyl
Adama K. – Abschiebungen um jeden Preis, Dokumentation einer Abschiebung (Bayerischer Flüchtlingsrat, 2019)
Bericht über eine Sammelabschiebung nach Afghanistan und die Abschiebehaft in Eichstätt (Anti-Folter-Kommittee des Europarats, 09.05.2019)