Gewalt gegen Geflüchtete in Bayern steigt deutlich
Bayerischer Flüchtlingsrat und B.U.D. Bayern sehen aktuelle Entwicklungen mit großer Sorge und fordern klare Position gegen rechte und rassistische Gewalt
Täglich werden Geflüchtete und Unterkünfte zur Zielscheibe rechter Gewaltdelikte. Ob in Allach, Zirndorf oder Burgoberbach: in Bayern entstehen unablässig neue vermeintliche Bürger:inneninitiativen, die gegen geplante Unterkünfte Stimmung machen. Unseren Beobachtungen zur Folge stecken hinter der Stimmungsmache häufig rechte Agitator:innen wie die AFD oder die neonazistische Kleinstpartei „Der dritte Weg“.
Aktuelle Zahlen sprechen eine besorgniserregende Sprache. Bereits 2022 gab es bundesweit deutlich mehr Angriffe auf Geflüchtete und Unterkünfte, als in den Jahren zuvor. Im ersten Halbjahr 2023 nahmen die Zahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum noch einmal zu: Bayern steht mit 105 Angriffen auf Geflüchtete und 14 Angriffen auf Unterkünfte bundesweit mit an der Spitze der rassistisch motivierten Attacken auf Schutzsuchende in 2023.
Statt der Bedrohung von rechts entschieden entgegenzutreten, befeuern bayerische Politiker:innen wie Ministerpräsident Markus Söder, Innenminister Joachim Herrmann und der Vorsitzende der Freien Wähler Hubert Aiwanger diese Debatte, indem sie Migrationsbewegungen als Gefahr und die Herausforderungen der Unterbringung als unlösbar darstellen.
„Diesem Narrativ wollen wir entschieden entgegentreten. Schutzsuchende Menschen selbst dafür verantwortlich zu machen, dass sie in Deutschland Gewalt erfahren, ist eine zynische Täter-Opfer-Umkehr“, so Johanna Böhm, Mitarbeiterin beim Bayerischen Flüchtlingsrat. „Große Sammellager dienen häufig als Projektionsfläche für rassistische Propaganda und werden so zu Zielscheiben rechter Gewalt. Gemeinschaftsunterkünfte sorgen durch ihre oft menschenunwürdigen Bedingungen für Frustration bei Geflüchteten und für Verunsicherung bei einem Teil der Bevölkerung vor Ort. Hier kann nur ein Ende der strikten Lagerpflicht Abhilfe schaffen.“
Die Zunahme rechter Gewalt stellt kein originär bayerisches Problem dar. Die Zahlen steigen in nahezu allen Bundesländern. Jeden Tag gibt es im Schnitt 2,6 Gewalttaten gegen Geflüchtete. Gleichzeitig verzeichnet die AFD ein nie dagewesenes Hoch in den Umfragezahlen. Der Grund für das Umfragehoch der AFD und die steigenden Zahlen rassistisch motivierter Gewalttaten sei eine zu migrationsfreundliche Politik, behaupten CDU-Chef Friedrich Merz und Teile anderer Parteien.
Der Bayerische Flüchtlingsrat und B.U.D. Bayern appellieren dringend an Behörden und Bürger:innen vor Ort, sich Nazis und rechten Übergriffen konsequent in den Weg zu stellen. Gleichzeitig rufen wir Politiker:innen aus Bund und Ländern dazu auf, auf menschenfeindliche Rhetorik zu verzichten. Auch die rigide Durchsetzung von Abschiebungen, wie sie Bundesinnenministerin Nancy Faeser beabsichtigt, löst keine Probleme, sondern verschiebt den Diskurs weiter nach rechts. Was es stattdessen braucht, sind realitätsnahe Schutzkonzepte, ein Ende der Lagerpflicht und eine schnelle Integration von Geflüchteten.
„Eine migrationsfreundliche Politik ist mitnichten der Grund für steigende rechte Gewalt und Rassismus. Katastrophenmetaphern und entmenschlichende Äußerungen von Friedrich Merz, Peter Ramsauer und anderen sind jedoch Wind in den Segeln der AFD und schaffen den Nährboden für rassistische Gewalt“, berichtet Anna Reimann, von B.U.D. Bayern. „Wenn die Lehren aus den 90er Jahren eines gezeigt haben, dann, dass der Abbau von Geflüchteten-Rechten mitnichten rassistische Gewalttaten verhindert. Wir wollen eine solidarische Gesellschaft. Wir wollen #offenbleiben“.
Anlagen
Proteste gegen und Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im zweiten Quartal 2023, BT-Drucksache 20/7742
B.U.D. Bayern und Bayerischer Flüchtlingsrat, Pressemitteilung vom 22.02.2023