Geflüchtete Frauen vor weiterer Gewalt schützen!
Zum internationalen Tag zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen am 25. November fordert das Münchner Aktionsbündnis für geflüchtete Frauen, den Schutz von Asylsuchenden sicherzustellen.
Gemeinsame Pressemitteilung des Münchner Aktionsbündnis für geflüchtete Frauen, 24. November 2023
Geflüchtete Frauen sind von patriarchalen Strukturen und Gewaltverhältnissen betroffen, die für Frauen, Queers, Trans- und Interpersonen, Frauen mit Behinderung und allen, die nicht in das binäre System passen, allgegenwärtige Realität sind. Zusätzlich sind sie mit den Herausforderungen von Flucht und Migration konfrontiert. Frauen fliehen vor Kriegen, vor politischer Verfolgung, aus wirtschaftlicher Not und auch vor sexualisierter und geschlechtsspezifischer Verfolgung und Gewalt, die Viele auch auf den gefährlichen Fluchtrouten erneut erleiden.
„Unsere Klientinnen bei Refugio München haben alle physische, psychische oder sexualisierte Gewalt erlebt und viele berichten, dass sie sich hier in ihrer Unterkunft nicht sicher fühlen. Eine junge alleinstehende Frau erzählte uns beispielsweise von den Trennwänden ihres Schlafbereichs im Notquartier, die nur 1,50m hoch sind, und sie somit von vorbeigehenden Personen beim Umziehen beobachtet werden kann“, so Andrea Gebhardt von der Frauenfachstelle von Refugio München.
Von massiven Missstände berichtet auch Michelle Kerndl-Özcan, Projektleiterin bei Ärzte der Welt: „Wir erhalten fast täglich Hilferufe von geflüchteten Frauen, die in Turnhallen oder Leichtbauhallen mit bis zu 100 Personen verlegt worden sind, ohne vorher darüber informiert worden zu sein. Sie sind in diesen Hallen gemeinsam mit Männern untergebracht und können sich nicht umziehen, nicht schlafen, ihre Babys nicht stillen, ohne Blicken oder Schlimmerem ausgeliefert zu sein. Die meisten dieser Frauen haben in ihren Herkunftsländern und auf der Flucht Vergewaltigungen und andere Formen der sexuellen Gewalt erlebt. Wie kann es sein, dass traumatisierte Frauen in deutschen Unterkünften nicht vor Männergewalt geschützt sind?“
Das Expert:innengremium GREVIO, das die Umsetzung der Istanbul Konvention in Deutschland geprüft hat, warnt vor anhaltenden Sicherheitsbedenken für Frauen und Mädchen in großen Lagern. Besonders kritisieren sie nicht abschließbare Zimmer und unsicheren Waschgelegenheiten, fehlende Schutzräume, Missbrauch durch Personal, Partner und Bewohner oder mangelnde Unterstützung bei Belästigungsfällen. Ebenso weist das Gremium darauf hin, dass Unterbringungszentren keine Bedingungen bieten, überlebte geschlechtsspezifische Gewalt adäquat zu verarbeiten und kaum Beratungsmöglichkeiten bietet, diese im Asylverfahren anbringen zu können.
Selbst hart erkämpfte Maßnahmen, wie der Einsatz von Gewaltschutzkoordinator:innen, Mindeststandards für eine gewaltfreie Unterbringung oder das bayerische Gewaltschutzkonzept kommen aber bei den Betroffenen nicht an. Vielmehr spielen sie angesichts der aktuellen Engpässe und Herausforderungen bei der Unterbringung offenbar gar keine Rolle mehr. Anstatt den Schutz vulnerabler Personengruppen ernst zu nehmen und realitätsnahe Lösungen durchzusetzen, werden die jetzt schon unzureichenden Schutzmechanismen ausgehebelt.
„Deutschland ist verpflichtet, auch nach der Istanbul-Konvention, geschlechtersensible Asyl- und Aufnahmeverfahren und Hilfsdienste sicherzustellen. Leider müssen wir feststellen, dass diese Verpflichtungen nicht ernst genommen werden und stattdessen gegen geflüchtete Menschen gehetzt wird und sinnlose Gesetzesverschärfungen vorangetrieben werden, die insbesondere geflüchtete Frauen treffen. Dass weiterhin an der Lagerpflicht und damit einer Massenunterbringung, statt dezentralen Lösungen festgehalten wird ist katastrophal für alle Betroffenen. Das muss sich ändern!“, so Simone Eiler, Mitarbeiterin beim Bayerischen Flüchtlingsrat.
Auch Isabel Morawek, Mitarbeiterin bei SOLWODI München, bekräftigt: „Wir fordern angemessene Unterbringung für vulnerable Gruppen so wie es unsere Gesetze vorgeben!“