Erneut Pflegekraft vor der Abschiebung
Bayerischer Flüchtlingsrat fordert Bayerns Innenminister auf, diese Abschiebungen zu stoppen
Seit rund sechs Wochen sitzt in der Abschiebehaftanstalt Eichstätt Victor, ein junger Mann aus Nigeria, der seit 2017 in Deutschland ist. Er hat einen Deutschkurs besucht und 2018 eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer begonnen, die er im Juli 2021 erfolgreich abgeschlossen hat. Im Frühjahr 2022 bewarb er sich bei der Diakonie Ingolstadt. Victor hat bei der Ausländerbehörde eine Arbeitserlaubnis beantragt. Die zuständige Ausländerbehörde Pfaffenhofen erteilte Victor jedoch trotz abgeschlossener Ausbildung in einem der wichtigsten Arbeitsbereiche keine Arbeitserlaubnis.
Ein anderer junger Mann, ebenfalls seit 2017 in Bayern, hatte den Antrag auf Bleiberecht für junge Geflüchtete nach §25a Aufenthaltsgesetz gestellt. Er spricht gut Deutsch, hat den Mittelschulabschluss gemacht und lebt in einer Beziehung – er ist also hier verwurzelt. Den Antrag auf Aufenthaltserlaubnis ließ die Ausländerbehörde liegen, und betrieb stattdessen die Abschiebung. Auch hier wurde Haft beantragt, auch hier beharrt das Innenministerium auf der Abschiebung, nur ein ärztliches Attest konnte die sofortige Inhaftierung verhindern.
Das sind nur zwei von mehreren Fällen, die allein aus Bayern für die Sammelabschiebung nach Nigeria in der kommenden Woche vorgesehen sind. Zugleich ist Nigeria von einer Flutkatastrophe schwer getroffen, mehr als eine Million Menschen sind ohne Obdach und auf der Flucht vor den Wassermassen.
„Die Abschiebepolitik der bayerischen Regierung ist so rücksichtslos wie unvernünftig. Im Bayerischen Flüchtlingsrat verfestigt sich der Eindruck, dass alle, die irgendwie abgeschoben werden können, dies auch befürchten müssen. Egal ob jemand eine Pflegehilfeausbildung hat und damit sehr gesuchte Fachkraft ist, oder unters Bleiberecht fällt – Abschiebung heiligt in Bayern alle Mittel“, kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Wir fordern den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann auf, seine Ausländerbehörden zu Augenmaß anzuhalten. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass den genannten Personen oder ähnlichen Fällen nicht auch seitens der Ausländerbehörden Aufenthaltsperspektiven eröffnet werden. Wir appellieren an den Innenminister, die Abschiebung gut integrierter Geflüchteter und humanitär schutzbedürftiger Menschen sofort zu stoppen.“