Ein Jahr Bezahlkarte in Bayern – Ein Jahr Populismus, Schikane und Probleme

Vor einem Jahr begann Bayern mit der schrittweisen Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete. Während das Bayerische Innenministerium die Bezahlkarte zum Jahrestag als Erfolg feiert, zieht der Bayerische Flüchtlingsrat eine völlig andere Bilanz.

Die Bezahlkarte ist ein Paradebeispiel für populistische Politik ohne Faktenbasis. Sie wurde mit längst widerlegten Argumenten eingeführt und dient einzig dazu, Geflüchtete zu entrechten“, kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Dass das Innenministerium sie als Digitalisierungswunder feiert, ist grotesk. Eine einfache Überweisung aufs Girokonto hätte dasselbe erreicht.“

Die Staatsregierung behauptet weiterhin, die Bezahlkarte verhindere Überweisungen ins Ausland, reduziere sogenannte Pull-Faktoren und unterbinde Zahlungen an Schlepper. Doch all diese Argumente entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage. Studien zeigen, das Menschen ihre Herkunftsländer nicht verlassen, um irgendwo Sozialleistungen zu erhalten. Auch bei der Wahl des Aufnahmelands spielen die Sozialleistungen kaum eine Rolle. Solange sich Menschen im Bezug von Asylsozialleistungen befinden, finden kaum nennenswerte Überweisungen ins Ausland statt.

Die Bezahlkarte verursacht für Geflüchtete und unterstützende Strukturen erheblichen Mehraufwand. Betroffene können nicht selbstbestimmt über ihr Geld verfügen, jede Ausnahme erfordert den Kontakt zur Leistungsbehörde. Unzureichende Aufklärung belastet zudem die Asylsozialberatungen und Ehrenamtlichen zusätzlich. Da die Bezahlkarte Geflüchtete in ihrem Alltag massiv einschränkt, haben sich informelle Gutscheintauschbörsen gebildet, die allerdings unentwegt von der CSU angegriffen werden.

Statt Initiativen zu attackieren, sollte die bayerische Staatsregierung die Bezahlkarte rechtskonform und alltagspraktischer gestalten. Dabei kann sich Bayern beispielsweise an Rheinland-Pfalz orientieren, die die Bezahlkarte deutlich vernünftiger und rechtskonformer ausgestalten. So gibt es in Rheinland-Pfalz keine pauschale Bargeldobergrenze, keine Beschränkungen vom Online-Handel, Überweisungen und Lastschriftverfahren. Zudem haben die Behörden dort keinen generellen Einblick auf den jeweiligen Kontostand.

Die Bezahlkarte in der bayerischen Version ist nichts anderes als eine ausgrenzende, diskriminierende symbolpolitische Maßnahme, die rechten Populismus bedient und Integration verhindert“, resümiert Katharina Grote vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Dass es auch anders geht, zeigen bundesweite Praxisbeispiele. Wir fordern das Bayerische Innenministerium dringend auf, die Bezahlkarte rechtskonform, menschlich und alltagstauglich zu gestalten.“