Bezahlkarte – nichts als symbolpolitischer Schnellschuss
Die Kosten tragen die Geflüchteten
Mit großer Geste verabschiedet die neue bayerische Staatsregierung in ihrer ersten Sitzung die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete Menschen ab Februar 2024. Markus Söder stilisiert sich als „Macher“ und beansprucht für Bayern die Vorreiterrolle im Wettstreit um die populistische Stimmungsmache gegen Geflüchtete.
Das Märchen von den sogenannten Pull Faktoren wird weitergesponnen. Menschen fliehen vor Krieg und Unterdrückung, aufgrund humanitärer Notlagen und weil sie keine sichere Zukunft für sich in ihren Herkunftsländern sehen. Ob in Bayern jetzt die Leistungen in Form einer Bezahlkarte erfolgen, hat sicherlich keinen Einfluss auf die Entscheidung das Zuhause zu verlassen. Die Entscheidung, in welchem Land Menschen Schutz suchen, hängt zudem nicht davon ab, ob es dort Gutscheine oder Bezahlkarten zum Überleben gibt. Nach wissenschaftlichen Studien, wie beispielsweise Untersuchungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in dem Bericht „Warum Deutschland?“, spielen andere Faktoren eine größere Rolle. Dazu gehört insbesondere der Aufenthaltsort von Freunden, Familie oder der Gemeinschaft, die Sprache des Landes sowie die vermeintlichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Weiterhin ist das immer wieder hervorgebrachte Argument man wolle mit der Bezahlkarte die Überweisung an Schlepper oder Angehörige im Ausland verhindern, komplett an der Realität von Geflüchteten in Bayern vorbei.
„Menschen in bayerischen ANKER-Zentren erhalten schon jetzt nur rund 120 € pro Monat – bei Leistungskürzungen auch gar kein Geld. Die Annahme, dass davon oder von den geringen Asylbewerberleistungen von 182 € große Summen an irgendwen gezahlt werden können ist absolut realitätsfern und offenbart nur die dürftige fachliche Expertise, die hinter diesen politischen Aussagen und Entscheidungen steht,“ so Katharina Grote vom Bayerischen Flüchtlingsrat
Die Kosten für diese fehlgeleitete Symbolpolitik, deren einziges Ziel es ist die Wähler am rechten Rand zu umwerben, tragen die Geflüchteten. Populistischer Aktionismus wird zu keinen Lösungen in einer angespannten Debattenlage und eine tatsächliche Entlastung der Kommunen führen. Wenn geflüchtete Menschen bald 36 Monate verringerte Sozialleistungen im Rahmen der Asylbewerberleistungen über Bezahlkarten mit eingeschränkter Nutzung erhalten, ist das zum einen rechtswidrig und zum anderen diskriminierend und integrationsfeindlich. So urteilte das Bundesverfassungsgericht bereits 2012, dass die Menschenwürde migrationspolitisch nicht zu relativieren ist. Mit anderen Worten: Sozialleistungen dürfen nicht gekürzt werden, um Menschen davon abzuhalten, in Deutschland Schutz zu suchen. Die Bezahlkarte, wie sie derzeit von der bayerischen Regierung geplant ist, greift massiv in die Selbstbestimmung der Menschen ein. Konkret heißt das: es kann nicht in allen Läden eingekauft werden, bestimmte Lebensmittel können nicht erworben werden, überall wo Bargeld gebraucht wird, kann nicht gezahlt werden. Wenn keine Überweisungen und keine Bargeldabhebungen möglich sind führt dies zu einem gesellschaftlichen Ausschluss, Kinder in der Schule können sich nichts am Schulkiosk kaufen, Anwaltskosten können nicht bezahlt werden.
„Die bisherigen Praxiserfahrungen bei den Pilotversuchen zur Bezahlkarte sind miserabel. Die bayerische Staatsregierung rühmt sich damit eine „Vorreiterrolle“ einzunehmen, dabei ist der Beschluss zur Bezahlkarte nichts Anderes als populistische Symbolpolitik auf Kosten der Grundrechte und der Würde von Menschen die hier Schutz suchen.“ Katharina Grote, Bayerischer Flüchtlingsrat