Bayern schickt psychisch Kranke und zukünftige Azubis nach Kabul
Landesamt für Abschiebung sucht willkürlich Kandidaten für Abschiebung zusammen
Die dem Bayerischen Flüchtlingsrat bislang bekannten Fälle der für heute geplanten Afghanistan-Abschiebung lassen nicht erkennen, dass das Bayerische Landesamt für Abschiebung besondere Auswahlkriterien anlegt, welche Personen abgeschoben werden sollen. Es sei denn, besonders schwere Krankheit oder besonders gute Integration sind der Maßstab des Landesamtes.
Von den uns aktuell bekannten acht Fällen sind zwei Personen schwer psychisch krank, eine Person wurde aus der Psychiatrie heraus verhaftet. Der andere Afghane leidet an einer schweren schizophrenen Psychose. Er brach Vorbereitungen zu einer freiwilligen Rückkehr ab, als er erfuhr, dass Behandlung und Medikamente für seine Krankheit in Afghanistan nicht zu bekommen sind.
Ein junger Afghane aus Kulmbach hat 2017 seinen qualifizierten Hauptschulabschluss mit einen Notendurchschnitt von 1,5 gemacht und könnte im September eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer beginnen. Eigentlich wollte er Abitur machen, jedoch konnte er sich die Fahrkosten zum nächsten Gymnasium nicht leisten. Ein Afghane aus Würzburg hatte Arbeit in einer Bäckerei und könnte dort ab September eine Ausbildung machen. 2018 wurde die Ausbildungserlaubnis abgelehnt, die Bäckerei würde ihn sofort wieder nehmen. Aus Aschaffenburg kommt ein junger Sportler, der in der Cricketmannschaft eines christlichen Vereins aktiv ist. Zwei weitere Afghanen machen die Berufsintegrationsklasse oder sind auf der Suche nach einer Ausbildung.
Keiner der uns bekannten Fälle ist ein Straftäter, Gefährder oder Identitätsverweigerer.
„Bei zahlreichen Gelegenheiten sagt Innenminister Joachim Herrmann, das Landesamt für Rückführung prüfe jeden Einzelfall genau. Geflüchtete, die ein Ausbildungsangebot haben, wolle man nicht notwendig abschieben. Beides scheint angesichts der uns bekannten Fälle nicht zutreffend. Entweder hat der Innenminister seine Ausländerbehörden nicht im Griff, oder Praxis und Verlautbarungen der Staatsregierung über eine ‚Balance von Humanität und Ordnung‘ klaffen auseinander“, kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „In der Abschiebung der uns bekannten Fälle können wir beim Landesamt weder Humanität noch Ordnung erkennen, sondern Willkür und Bedenkenlosigkeit.“