Bayerischer Flüchtlingsrat zur Asylbilanz 2021 des Innenministeriums
Innenminister Herrmann hintertreibt Chancen-Aufenthalt und spielt Geflüchtete gegeneinander aus
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat heute in einer Pressekonferenz seine Asylbilanz 2021 vorgestellt. Absolut richtig beschreibt er die Unterbringung von Geflüchteten als „eine große Herausforderung“. Im gesamten Jahr 2021 kamen rund 20.000 Geflüchtete neu nach Bayern und stellten hier ihren Asylantrag. Zudem wurden seit Juni 2021 rund 2.500 afghanische Ortskräfte in Bayern aufgenommen. Dies alles ist jedoch kein Vergleich zu den Geflüchtetenzahlen in Folge des Angriffskrieges auf die Ukraine. Seit Ende Februar 2022 mussten innerhalb eines Monats mehr als 30.000 Menschen in Bayern untergebracht werden.
Die aktuelle Situation birgt enormes Konfliktpotential in den Unterkünften für Geflüchtete. Überall müssen Menschen zusammenrücken und werden mit noch mehr Mitbewohner:innen auf engstem Raum untergebracht. Gleichzeitig werden die neu ankommenden Ukrainer:innen deutlich privilegiert, bekommen schnell Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse und das Recht, aus den Unterkünften auszuziehen. Für alle anderen Geflüchteten entsteht unweigerlich der Eindruck, benachteiligt zu werden und Geflüchtete zweiter Klasse zu sein.
Es verbietet sich, in dieser Situation Öl ins Feuer zu gießen und diesen Konflikt anzuheizen – der Innenminister tut es dennoch. Er warnt davor, dass „das von der neuen Bundesregierung angekündigte ‚Chancen-Aufenthaltsrecht‘ die Lage weiter verschärfen“ würde, da es angeblich illegale Zuwanderung fördere. Dafür gibt es zwar keinerlei Belege, er bringt jedoch Geflüchtete in Misskredit, die sich zum Stichtag 1.1.22 mindestens fünf Jahre in Deutschland aufhalten und geduldet sind. Dass sie noch keinen Aufenthalt haben und eines Chancen-Aufenthalts bedürfen, liegt an der verfehlten Asylpolitik, die die CSU seit Jahren auf Bundesebene mitzuverantworten hat.
„Wer nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland noch immer geduldet ist, sollte schlicht eine Aufenthaltserlaubnis bekommen und nicht weiter mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen tyrannisiert werden. Nach so langer Zeit sind die betroffenen Geflüchteten häufig gut integriert, machen eine Ausbildung oder gehen zur Arbeit, ihre Kinder gehen in Kindergärten und Schulen. Sie aus der von der CSU mitzuverantwortenden Perspektivlosigkeit zu holen, ist ein Zeichen der Humanität“, erklärt Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Wir sind empört darüber, dass Innenminister Herrmann die Chancenaufenthaltserlaubnis der Ampel-Koalition zu hintertreiben versucht, indem er Geflüchtete aus der Ukraine, Ortskräfte aus Afghanistan und Geflüchtete aus anderen Ländern, die zum Teil schon seit vielen Jahren in Bayern leben, gegeneinander ausspielt!“