Fachtag: Lebensbedingungen geflüchteter Kinder in Deutschland
Digitaler Fachtag am 11.03.2022 von 9.00 bis 14.30 Uhr
Im Rahmen des von der Aktion Mensch geförderten Projekts „We talk! Gewaltschutz für geflüchtete Kinder und Frauen“ veranstaltet der Bayerische Flüchtlingsrat am 11. März 2022 von 9.00 bis 14.30 Uhr einen digitalen Fachtag zur Situation von (begleiteten) Kindern in Flüchtlingsunterkünften. Die Kinder wachsen in einem Klima der Gewalt, der Unsicherheit und Angst auf. Sie sind von Isolation betroffen und haben kaum Rückzugsmöglichkeiten oder Räume zur Freizeitgestaltung. Kinder sind gefangen im Aufnahmesystem. Sie gelten in erster Linie als Geflüchtete; die Tatsache, dass sie Kinder sind, ist dabei sekundär.
Mit dem Fachtag wollen wir für die besonderen, aus der Unterbringung resultierenden Belastungen für Kinder sensibilisieren und nach Handlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten fragen.
(Begleitete) Kinder auf der Flucht ist ein erst in jüngster Zeit in einigen Studien aufgegriffenes Thema in der Diskussion um Flucht, Migration und Asyl. Wie erleben Kinder Flucht und den damit einhergehenden Verlust von Stabilität, von festen Bezugspersonen in ihrer bisherigen Umgebung, von Schule und anderen Institutionen? Wie gehen sie mit den Ängsten ihrer Eltern, den Unsicherheiten, der prekären Lebenssituation, dem Gefühl des Ausgeliefertseins an unbekannte Wirklichkeiten, den Brüchen in ihren Lebensrealitäten auf der Flucht um? Und was bedeutet es für Kinder, sich plötzlich in einem gesellschaftlich und sprachlich völlig fremden und instabilen Umfeld wiederzufinden? Durch Flucht- und Gewalterfahrungen vielfach belastet kommen Kinder in Deutschland an.
Nach einem kurzen Einblick über Kinder im deutschen bzw. bayerischen Aufnahmesystem soll die Lebenssituation von geflüchteten Kindern in Flüchtlingsunterkünften näher beleuchtet werden.
Massenunterkünfte sind Orte der strukturellen, aber auch der psychischen und physischen Gewalt gegenüber Erwachsenen, unter der vor allem Kinder leiden. Sie erleben tagtäglich Abschiebungen, die Ängste der Eltern und deren tiefe Verunsicherung mit. Besonders gefährdet in diesem von Gewalt und Instabilität geprägten Umfeld sind Kinder. Hermetisch abgeschlossene Massenunterkünfte wie Ankerzentren und abgelegene Gemeinschaftsunterkünfte sind kein Ort für Kinder – so das Fazit einer Studie der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.).
Viele der Kinder leiden unter Traumatisierungen und posttraumatischen Belastungsstörungen. Inwiefern fördert die desolate Unterbringung, die Angst der Eltern, die tiefe Verunsicherung Re-traumatisierungen? Wie erkenne ich als Erzieher:in, als Lehrer:in, als Sozialarbeiter:in oder als Ehrenamtliche entsprechende Belastungen oder Traumata? (Wie) Kann ich damit umgehen, an wen kann ich mich wenden bei diesen strukturell verursachten Problemen? Welche psychosozialen Auswirkungen hat das Aufnahmesystem auf die Kinder? Refugio München e.V. wird hierzu aus der praktischen Erfahrung berichten.
In engen, manchmal überfüllten, unwirtlichen Massen- und Sammelunterkünften untergebrachte Kinder sind als besonders vulnerable Personen auch von sexualisierter Gewalt betroffen – sei es von Sicherheitsdiensten, Mitbewohnern, Ehrenamtlichen oder anderen der zahlreichen Personen, die Zugang zu Unterkünften haben. In Gefährdungspotenziale und Auswirkungen sexualisierter Gewalt an Kindern in Sammelunterkünften wird Amyna einen Einblick geben. Dabei stellt sich auch die Frage nach Präventions- und Handlungsmöglichkeiten für die Eltern, aber auch für Berater:innen und Ehrenamtliche.
Massenunterkünfte sind per se gewaltfördernd – und für die gesunde Entwicklung und Stabilisierung von geflüchteten Kindern nicht geeignet. Deshalb wollen wir abschließend nach Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder innerhalb des Aufnahmesystems fragen. Inwiefern haben geflüchtete Kinder (und ihre Eltern) Zugang zu den Angeboten und Leistungen des Kinder- und Jugendschutzes? Inwiefern fallen sie unter die Zuständigkeit der Jugendämter? Welche Hilfen gibt es, wo bestehen Hindernisse? Die Diakonie München wird abschließend aus der Praxis über notwendige Maßnahmen zum besseren Schutz von Kindern in Unterkünften berichten sowie über Unterstützungsmöglichkeiten des Kinder- und Jugendhilfesystems als auch über die Zugangsbarrieren für geflüchtete Kinder.
Mit dem Fachtag wenden wir uns u.a. an die Träger des Kinder- und Jugendschutzes, an Erzieher:innen, Lehrer:innen, Vertreter:innen von NGOs aus den Bereichen Flucht und Asyl sowie an Ehrenamtliche.
Das Programm und Informationen zur Anmeldung finden Sie hier. Die Teilnahme am Fachtag ist kostenfrei.
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