Asylverfahren auf der Kippe, Unterbringung Risiko pur
Behördenhandeln geht massiv zu Lasten von Geflüchteten
Wie die Behörden aktuell mit Flüchtlingen umgehen, ist alles andere als koordiniert oder konsistent. Die Gerichte stellen ihre Verhandlungen ein, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verschickt aber munter weiter Bescheide. Beobachter haben den Eindruck, es werden sogar mehr. Weil Anhörungen nur eingeschränkt stattfinden, verlegen die BAMF-Mitarbeiter*innen sich auf schnelle Entscheidungen. Gegen diese Bescheide muss fristgerecht Klage erhoben werden. Die Rechtsantragsstellen in den ANKER-Zentren stellen jedoch ihre Arbeit ein. Klagen sollen postalisch eingereicht werden. Die Sozialdienste und andere unterstützende Angebote sowie Ehrenamtliche sind in vielen Fällen nicht mehr vor Ort.
Wer nun den Bescheid nicht versteht sowie formale und sprachliche Anforderungen, welche es zu erfüllen gilt, um eine Klage einzureichen nicht erfüllen kann, ist um die Chancen eines fairen Asylverfahrens gebracht.
Akut ist das aber vielleicht ein zweitrangiges Problem. Auch wenn z.B. in Oberbayern weniger als die Hälfte der verfügbaren Plätze in ANKER-Einrichtungen belegt sind, so wird der Raum bisher nicht genutzt, um Flüchtlingen mehr Platz und Abstand zu verschaffen. Vielerorts sind ganze Trakte geschlossen, aber die Flüchtlinge leben dicht an dicht in Mehrbettzimmern. Desinfektionsmittel für Flüchtlinge gibt es nicht, Sanitäranlagen und Kantinen werden gemeinsam genutzt. Die Flüchtlinge haben keine Möglichkeit, die empfohlenen Hygiene- und Schutzmaßnahmen in diesen Unterbringungen umzusetzen und sich selbst und andere zu schützen.
„Wir erwarten, dass die Regierung und ihre nachgeordneten Behörden jetzt auch bei Flüchtlingen in Gang kommen. Das betrifft eine Unterbringung, die auch in Flüchtlingsunterkünften auf Risikominimierung setzt und dies angemessen an Flüchtlinge und Unterstützer*innen kommuniziert. Die Einrichtung einer Infohotline in den notwendigen Sprachen könnte hier beispielsweise eine gangbare Lösung sein. Flüchtlinge müssen so untergebracht werden, dass sie nicht zwangsläufig mit zig anderen in Dauerkontakt stehen müssen. Das betrifft aber auch das Asylverfahren. Es kann nicht sein, dass die eine Behörde munter Bescheide raushaut, die Flüchtlinge dann aber im Regen stehen, weil sie keine Unterstützung mehr finden, um gegen die Bescheide zu klagen. Wenn hier weiterhin auf die Fristwahrung für Klagen bestanden wird, muss entweder die Zustellung der Bescheide ausgesetzt werden oder aber die Information und Unterstützung der Geflüchteten gewährleistet sein“, fordert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats.