Ahnungslosigkeit schützt vor Verantwortung nicht
Bundesinnenminister Horst Seehofer und Landesinnenminister Joachim Herrmann schauen bei ANKER-Zentren lieber nicht so genau hin / Flüchtlingsrat fordert: ANKER-Zentren sofort schließen!
In der Münchner Funkkaserne, einer Dependance des ANKER-Zentrums Manching, herrschen eklatant menschenunwürdige Zustände. Die verantwortlichen Innenminister von Bund und Land wollen von nichts gewusst haben. Bundesinnenminister Horst Seehofer schiebt auf Anfrage der Bundestagsabgeordneten Nicole Gohlke (Linke) und Margarete Bause (Grüne) jede Verantwortung von sich und verweist auf die Zuständigkeit des jeweiligen Bundeslandes bei der Unterbringung von Asylsuchenden. Laut SZ-Informationen behauptet aber auch Landesinnenminister Joachim Herrmann, erst aus der Zeitung erfahren zu haben, dass „Flüchtlinge in der Anker-Dependance so lange bleiben müssen“.
Herrmanns Behauptung ist schlichtweg falsch. Auf die lange Aufenthaltsdauer von auszugsberechtigten Personen sowie das „Verschleppen“ von Auszugsanträgen in den zugständigen Verwaltungsbehörden wiesen Mitarbeiter*innen des Bayerischen Flüchtlingsrates das bayerische Innenministerium in einem Gespräch am 12.02.19 hin. Die Zusage des Innenministers hier eine Prüfung vornehmen zu lassen wurde von uns begrüßt. Eine Liste mit über 40 Personen, vornehmlich aus Ingolstadt/ Manching wurde vom Bayerischen Flüchtlingsrat an das Innenministerium weitergeleitet. Die meisten dieser Fälle sind bereits über 1,5 Jahren in den ANKER-Einrichtung untergebracht. In vielen Fällen wurden bereits Umverteilungsanträge aus humanitären Gründen gestellt. Diese Informationen lagen dem Innenministerium seit Anfang März vor.
Passiert ist seither nichts. Für die betroffenen Personen, darunter Kinder, schwer Kranke und durch die Unterbringungssituation zusätzlich schwer belastet, bedeutet diese Untätigkeit weiteres Leid.
Der Bayerische Flüchtlingsrat sieht in der Untätigkeit der Regierung einen fahrlässigen Umgang mit dem Wohlergehen und der Gesundheit von Menschen. Der Schutz und die Sicherstellung der Rechte von geflüchteten Personen scheinen keinen hohen Stellenwert für die Regierung zu haben. Für die Gewährleistung von Rechtssicherheit für die in ihren Unterkünften untergebrachten Personen sieht sich die Landesregierung augenscheinlich nicht verantwortlich. Gepaart mit der Isolation durch Besuchs- und Zugangsverbote und der gezielten Ausgrenzung von Geflüchteten in den ANKER-Zentren über Sachleistungsprinzip, Lagerbeschulung sowie Residenzpflicht ist der Entstehung von rechtlosen Räumen Tür und Tor geöffnet.
„Wir fordern die Bundes- und Landesinnenministerien auf, die Missstände in ihren Lagern und ihren Behörden endlich offiziell anzuerkennen, sich wieder auf ihre rechtstaatlichen Verpflichtungen zu besinnen, die Konsequenzen daraus zu ziehen und sich verantwortlich gegenüber den dort untergebrachten Menschen zu zeigen. In letzter Konsequenz kann dies nur die sofortige Schließung der ANKER-Einrichtungen bedeuten. Denn eine menschenwürdige Unterbringung und die Wahrung von Menschenrechten ist in diesen Lagern nicht möglich. Es kann nicht sein, dass die Behörden nur dann reagieren, wenn die Missstände öffentlich angeprangert werden.“