Abschiebungen in das Kriegs- und Krisenland Afghanistan sofort stoppen
Trotz Corona-Pandemie und desolater Sicherheitslage soll morgen der nächste Abschiebeflug nach Afghanistan von München aus starten
Seit Dezember 2016 werden Menschen in das Kriegsland Afghanistan abgeschoben, fast monatlich gehen Abschiebecharter von Deutschland nach Kabul. Die Abschiebungen waren wegen Corona zwischen März und November 2020 ausgesetzt. Im Dezember 2020 wurden sie wieder aufgenommen. Nun soll am Dienstag, den 9.2.2021 die mittlerweile 36. Sammelabschiebung nach Afghanistan stattfinden.
Durch die Corona-Pandemie hat sich die Situation in Afghanistan noch weiter verschärft. Neben dem seit mehr als 40 Jahre andauernden Bürgerkrieg und dem Terror durch den sog. Islamischen Staat und die Taliban hat sich der Anteil der in Armut lebenden Menschen drastisch erhöht. Laut der Weltbank stieg der Anstieg der Menschen, die in Afghanistan in Armut leben, von 45 % (vor Ausbruch der Corona-Pandemie) auf 72 % (Stand jetzt). Von bis zu 90 % geht sogar das afghanische Finanzministerium aus. Im Januar hat die Bundesregierung Afghanistan als Covid-19-Hochrisikogebiet eingestuft. Der Zugang zu Gesundheitsversorgung ist für die Mehrheit der Bevölkerung nahezu unmöglich.
Während die Politik und allen voran das Bayerische Innenministerium an Abschiebungen nach Afghanistan festhält, hat der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof kürzlich einem alleinstehenden jungen Mann aus Afghanistan ein Abschiebungsverbot zugesprochen: Angesichts der verschlechterten wirtschaftlichen Lage in Afghanistan aufgrund der Corona-Pandemie kann es ihm voraussichtlich nicht gelingen, seine elementarsten Bedürfnisse nach Nahrung, Unterkunft und Hygiene zu befrieden. Anders gesagt: Ihm droht im Falle der Abschiebung Obdachlosigkeit, Hunger und Verwahrlosung. Die daraus resultierende Gefahr für Leib und Leben wird durch die Pandemie verstärkt.
„Die verheerende Lage verlangt zwingend einen Abschiebestopp in das unsichere Kriegsgebiet Afghanistan. Das hat auch der VGH Baden-Württemberg erkannt und verbietet Abschiebungen von alleinstehenden, jungen Männern, die kein familiäres Netzwerk in Afghanistan haben, von dem sie aufgefangen werden könnten. Wir fordern von den bayerischen Gerichten, diese Entscheidungspraxis zu übernehmen und Geflüchteten aus Afghanistan ein Bleiberecht zu gewähren“, sagt Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Die Stimmen nach einem generellen Abschiebestopp werden immer lauter. So sprachen sich erst vor kurzem der evangelische Landesbischof und der Präsident der Diakonie Bayern dafür aus, am Sonntag gab es eine Demonstration mit über 200 Teilnehmer*innen gegen die Abschiebungen nach Afghanistan. Es wird Zeit, dass das Bayerische Innenministerium diese menschenverachtenden Abschiebungen endlich unterlässt!“
Der nächste Abschiebeflug soll morgen Abend von München nach Kabul starten. Weitere Informationen sind in unserem Statement zu Afghanistan-Abschiebungen zu finden.