Landessozialgericht stoppt Shuttle-Bus für Bamberger ANKER-Zentrum
Finanzierung des Shuttle-Busses aus Sozialleistungen der Flüchtlinge im ANKER-Zentrum verfassungswidrig / Flüchtlingsrat fordert volle Sozialleistungen für alle!
Am heutigen Mittwoch, den 16.10.2019, hat das Bayerische Landessozialgericht im Rahmen eines Berufungsverfahrens mitgeteilt, dass die Kürzung des menschenwürdigen Existenzminimums für Geflüchtete im Bamberger ANKER-Zentrum zur Finanzierung eines Shuttle-Busses rechtswidrig ist. Die Stadt Bamberg hat nun einen Monat Zeit, Abhilfe zu schaffen, ansonsten wird ein Urteil dazu ergehen.
Bewohner*innen des ANKER-Zentrums in Bamberg hatten 2017 vor dem Sozialgericht Bayreuth geklagt, weil ihnen die Bedarfe für Verkehr in Höhe von 20 € gekürzt wurden, was bis heute der Fall ist. Die Stadt Bamberg hatte in Absprache mit der bayerischen Staatsregierung die Sozialleistungen einbehalten, im Gegenzug wurde ein Shuttle-Bus eingerichtet. Dieser bedient jedoch nur vier verschiedene Haltestellen in Bamberg, verkehrt in einem deutlich eingeschränkten zeitlichen Umfang im Vergleich zu den normalen Linienbussen und fällt regelmäßig ersatzlos aus.
Mit Urteil vom 13. September 2018 gab das Sozialgericht Bayreuth den Kläger*innen vollumfänglich Recht. Der Mobilitätsbedarf der im ANKER-Zentrum lebenden Personen sei durch den Shuttle-Bus nicht gedeckt. Zudem sieht das Sozialgericht in dieser Sozialleistungskürzung einen verfassungswidrigen Eingriff in den Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Es ordnete an, dass das Sozialamt der Stadt Bamberg die einbehaltenen 20 € nachträglich auszahlen muss. Gegen dieses Urteil ging die Stadt Bamberg in Berufung. In seiner heutigen Verhandlung teilte das Landessozialgericht der Stadt Bamberg mit, dass nach derzeitigem Sachstand keine Erfolgsaussichten für die Berufung der Stadt Bamberg bestehen.
Das bayerische Landessozialgericht hat damit unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eindeutig klargestellt, dass auch in Bayern alle Flüchtlinge einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum haben. Eine Kürzung aus migrationspolitischen Erwägungen ist verfassungswidrig, auch wenn es dabei nur um 20 € geht, die als Sachleistung gewährt werden.
Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert die Stadt Bamberg auf, sofort zu Geldleistungen für die Nutzung des regulären ÖPNV zurückzukehren und allen Betroffenen die jahrelang einbehaltenen Leistungen in Höhe eines sechsstelligen Betrages nachzuzahlen. Darauf haben die betroffenen Flüchtlinge einen Rechtsanspruch!
Zudem fordert der Bayerische Flüchtlingsrat von der bayerischen Staatsregierung, jetzt endlich alle Versuche zu stoppen, Flüchtlingen die ihnen in bar zustehenden Sozialleistungen durch ominöse Sachleistungen zu ersetzen.
„Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann erklären immer wieder, Flüchtlinge in ANKER-Zentren sollten möglichst nur noch Sachleistungen und kein Bargeld bekommen. Dieses Vorhaben hat das Landessozialgericht für illegal erklärt. Wir fordern die Staatsregierung auf, diesen Unsinn sofort zu beenden und allen Flüchtlingen die vollen Sozialleistungen auszubezahlen!“ erklärt Thomas Bollwein vom Bayerischen Flüchtlingsrat.