Jahrestag des Genozids an Jesid*innen am 3. August 2024

Einzelfälle zeigen – Bleiberecht und einen Abschiebestopp sind dringend nötig

München, 1. August 2024 – Anlässlich des zehnjährigen Jahrestages des Genozids am 3. August 2024 erinnert der Bayerische Flüchtlingsrat an die unzähligen Opfer und die andauernden humanitären Herausforderungen. Wir schließen uns der aktuellen Pressemitteilung von Pro Asyl an, die auf die fortgesetzten Missstände hinweist, und rufen dazu auf, den Schutz von Jesid*innen in Bayern zu verstärken.

Im Juli fanden zum wiederholten Male zweifelhafte Anhörungen vor irakischen Regierungsvertreter*innen statt, vermutlich mit dem Ziel, dass die irakische Regierung Reisedokumente/Ersatzpapiere für Iraker*innen ausstellt; unter den vorgeladenen Personen waren auch Yesid*innen. Das Ergebnis dieser Anhörungen ist noch abzuwarten. Aber auch jetzt schon erleben wir, dass Jesid*innen abgeschoben werden, Duldungen entzogen werden und Grenzübertrittbescheinigungen erteilt werden.

Ein besonders erschütternder Fall ereignete sich im Oktober 2023, als eine jesidische Familie mit vier minderjährigen Kindern in den Irak abgeschoben wurde. Ein Kind davon ist Asthma krank. Sie können seit der Abschiebung in den Irak von 10 Monaten nicht zur Schule gehen. Während des Transports zum Flughafen wurde der Familienvater gefesselt, die Mutter brach am Flughafen zusammen. Diese Abschiebungen zeugen von einer fehlenden humanitären Perspektive und der Ignoranz gegenüber der besonderen Schutzbedürftigkeit dieser Menschen.

Besonders alarmierend ist der aktuelle Fall eines jungen jesidischen Mannes, der trotz schwerwiegender psychischer Erkrankung kein Bleiberecht erhalten hat. Seit seinem negativen Asylbescheid 2020 erhielt er bis 2023 Duldungen, da keine Abschiebungen in den Irak durchgeführt wurden. Seit Januar 2024 hat er eine Grenzübertrittsbescheinigung. Sein Bruder lebt mit Aufenthalt in Bayern und kann ihm die dringend benötigte Unterstützung bieten. Der Betroffene leidet unter schweren Traumata, die durch die Verfolgung seiner Gemeinschaft und persönliche Erlebnisse verursacht wurden. Anstatt ihm den Schutz und die notwendige medizinische Behandlung in Deutschland zu ermöglichen, wird er nun damit bedroht, in das Land des Ursprungs seines Traumas zurückkehren zu müssen.

Bayern muss seiner Verantwortung gerecht werden und kann sich nicht allein auf die Entscheidungspraxis des Bundesamtes berufen. Auch wenn der Genozid offiziell als solcher von der Bundesregierung anerkannt ist, spielt er in den Asylverfahren keine Rolle„, erklärt Weidhaase, Mitarbeiterin des Bayerischen Flüchtlingsrates. „Wir appellieren deshalb an die Verantwortung und Humanität der bayerischen Behörden und des Innenministeriums, Minderheiten und vulnerable Personengruppen zu schützen„, so Weidhaase weiter.

Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert ein sofortiges Ende der Abschiebungen von Jesid*innen, insbesondere Familien mit Kindern sowie von besonders schutzbedürftigen Personen.
Wir appellieren an die bayerische Staatsregierung, sich ihrer humanitären Verpflichtungen bewusst zu werden und den Schutz von Betroffenen des Genozids zu wahren. Der Jahrestag des Genozids erinnert uns daran, dass wir als Gesellschaft für die Würde und das Leben jedes Einzelnen einstehen müssen.