Geflüchtete aus Afghanistan
Visavergabe im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms für gefährdete Afghan:innen pausiert | Abschiebungen von Straftätern wird geprüft | Afghanin über Iran nach Afghanistan abgeschoben | Asylverfahren | zahlreiche Geduldete Afghanen in Bayern ohne Aufenthalt
Afghanistan bleibt nach wie vor ein Thema, mit dem sich der Bayerische Flüchtlingsrat täglich auseinandersetzt. Im März ging es besonders turbulent zu und die Ereignisse überschlugen sich. Am 21.03.2023 berichtete der Bayerische Flüchtlingsrat in seiner Pressemeldung bereits, dass afghanische Schutzsuchende auch weiterhin ohne Hoffnung sind. Zu den letzten Entwicklungen zum Thema hier eine kurze Zusammenfassung:
Das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghan:innen, welches im Oktober 2022 gestartet ist, gerät weiter ins Stocken. Die Botschaften in Teheran und Islamabad vergeben aktuell keine Visa im Rahmen dieses Programms aufgrund von Missbrauchsvorwürfen. Es wird nun über weitere Sicherheitsprüfungen nachgedacht.
Von Oktober 2022 bis März 2023 lief das Bundesaufnahmeprogramm bereits nur schleppend an. Die Kriterien für die Auswahl für eine Aufnahme bleiben dabei völlig intransparent. Unserer Kenntnis nach konnte bislang keine einzige Person mit Hilfe des Bundesaufnahmeprogrammes nach Deutschland einreisen.
Abschiebungen von Straftätern und sogenannten Gefährdern
Nahezu zeitgleich verkündete die Bundesinnenministerin Nancy Faeser, dass sie die Abschiebung von Straftätern und sogenannten Gefährdern nach Afghanistan prüfen will. Um Abschiebungen nach Afghanistan durchzuführen, müsste die Bundesregierung mit den Taliban kooperieren und würde diese damit anerkennen – ein Regime, das seine Bevölkerung unterdrückt und Frauen und Mädchen ihre Grundrechte verweigert.
Abschiebung nach Afghanistan über den Iran
Ein weiterer Eklat: Ende März wurde das Asylgesuch einer Afghanin, die über den Flughafen Frankfurt mit einem iranischen Pass eingereist ist, im Flughafenverfahren erst als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt und diese dann über den Iran (wohin eigentlich aktuell keine Abschiebungen stattfinden) in einer Kettenreaktion nach Afghanistan abgeschoben: PRO ASYL und der Hessische Flüchtlingsrat berichteten.
Nicht-Anerkennung von geschlechtsspezifischer Verfolgung im Asylverfahren bei Afghaninnen
Die Situation in Afghanistan verschlechterte sich seit der Machtübernahme der Taliban vor allem immer mehr für Frauen, deren Rechte massiv eingeschränkt und deren Leben durch das Talibanregime bedroht sind. Währenddessen wurden weiblichen Personen aus Afghanistan im Asylverfahren vorwiegend nur Abschiebeverbote (64%) gewährt, statt ihnen den Flüchtlingsschutz (7%) wegen geschlechtsspezifischer Verfolgung oder subsidiären Schutz zuzuerkennen. Zwar ändert das BAMF derzeit seine Herkunftsländerleitsätze, aber die Anerkennung der Verfolgung lediglich aus dem Grund, Frau zu sein, hat das BAMF immer noch nicht mitaufgenommen.
Zur Situation in Bayern:
Den Bayerischen Flüchtlingsrat erreichen nach wie vor täglich viele Anfragen nach Hilfe um Aufnahme in Deutschland. Erst lief das Aufnahmeprogramm schleppend an, jetzt wird es zwar weitergeführt, aber die Visavergabe pausiert. Die Kommunikation an die Hilfesuchenden gestaltet sich äußerst schwierig. Sie setzen alle Hoffnungen auf Programme wie dieses. Personen, die in Bayern leben und ihre Angehörigen aus Afghanistan holen wollen, werden nach wie vor komplett im Stich gelassen. Ein Landesaufnahmeprogramm ist politisch nicht gewollt.
Außerdem leben aktuell immer noch ca. 3000 Afghanen in Bayern mit einer Duldung, obwohl Abschiebungen nicht möglich sind. Wir fordern, dass allen in Bayern lebenden Afghan:innen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird sowie die Etablierung eines eigenen Landesaufnahmeprogramms.