Krawall mit Ansage in Stephansposching: Rädelsführer ist Innenminister Herrmann
Bayerischer Flüchtlingsrat: Wer Menschen in ANKER-Zentren sperrt, kalkuliert mit dem Konflikt
Nur allzu erwartbar war der Ablauf der Ereignisse im Außenlager Stephansposching des ANKER-Zentrums Deggendorf. Die Polizei kommt, die Geflüchteten, die sich aus welchem Grund auch immer vorher gestritten hatten, stehen zusammen. Als die Polizei versucht, eine Person aus ihrer Mitte zu verhaften, eskaliert die Situation. Polizisten und Geflüchtete gehen aufeinander los, eine Hundertschaft wird gerufen, es gibt ein paar Festnahmen, der Innenminister droht Rädelsführern die schnelle Abschiebung an.
So oder ähnlich sind in den letzten vier Jahren, seit der Einrichtung der Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen, die dann Transit-, jetzt ANKER-Zentren heißen, zahllose Einsätze verlaufen. Nach den meisten dieser Eskalationen hat der bayerische Innenminister mehr Security-Personal versprochen und mehr Polizei.
In ANKER-Zentren werden Menschen abgefertigt wie Pakete. Irgendwann kommt die Entscheidung, ob sie bleiben dürfen oder nicht. Das Unwissen über die Entscheidung und den Zeitpunkt, wann sie gefällt wird, verursacht enormen Stress. Bis zu dieser Entscheidung sind die Bewohner*innen zur völligen Untätigkeit verdammt. In Stephansposching wie in anderen ANKER-Zentren sitzen sie eng aufeinander, ohne Privatsphäre, ohne Rückzugsmöglichkeit, Tag und Nacht umgeben von einer lärmenden Geräuschkulisse, ohne Kontakt zu Einheimischen, mit viel zu wenig Berater*innen und viel zu viel Security-Kräften. Selbst bibeltreue Christen würden unter diesen Bedingungen über kurz oder lang die Wände hochgehen.
„Diese Situation in Stephansposching ist vom Innenministerium und den Bezirksregierungen bewusst inszeniert worden. Es ist keine gewagte These, dass diese Lebensbedingungen einen Konfliktherd produzieren, auf den die Polizei mit dem immer gleichen Eskalationsschema reagiert. Erst zu wenig Beamte für eine Maßnahme, dann zu viele, und ganz am Ende denkt jemand daran, vielleicht einen Dolmetscher aufzutreiben und mal mit den Geflüchteten zu reden. Das ist eine armselige Strategie, und wenn für diese Konflikte ein Rädelsführer ausgemacht werden kann, dann heißt er als der Verantwortliche Joachim Herrmann“, stellt Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats, fest. „Diese Konflikte gehen nicht von Geflüchteten aus, sondern von der Situation, in die sie gezwungen werden. Anschließend wird versucht, den Konflikt durch Eskalation zu unterdrücken. Die Polizei ist hier der Prügelknabe einer verfehlten und menschenverachtenden Politik. Mit allen guten Gründen hat sich die Gewerkschaft der Polizei schon frühzeitig gegen die Einrichtung solcher Lager ausgesprochen.“