Bundesweiter Appell: ANKER-Zentren abschaffen!
Bayerischer Flüchtlingsrat, Diakonie Deutschland, Deutscher Caritasverband, Paritätischer Gesamtverband, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband und PRO ASYL fordern gemeinsam die Schließung der ANKER-Zentren
Am 1.8.2021 sind die ANKER-Zentren seit drei Jahren in Betrieb, die Eröffnung der bayerischen Sonderlager jährt sich zum sechsten Mal. Seit sechs langen Jahren dokumentiert der Bayerische Flüchtlingsrat die Situation in den Sonderlagern und ANKER-Zentren. Entsetzt von der dortigen menschenfeindlichen Praxis fordert er von Anfang an die sofortige Schließung dieser Sammellager.
Der Bayerische Flüchtlingsrat begrüßt es sehr, dass sich dieser Forderung rund 65 bundes- und landesweite Wohlfahrtsverbände, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen angeschlossen haben, darunter Diakonie Deutschland, Deutscher Caritasverband, Paritätischer Gesamtverband, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband und PRO ASYL.
Die Schließung der ANKER-Zentren ist alleine deshalb notwendig, weil das erklärte Ziel nicht erreicht wird. Die Asylverfahren dauern in ANKER-Zentren gleich lange wie in allen anderen Erstaufnahmeeinrichtungen, denn große Lager beschleunigen keine Asylverfahren, das können nur genügend qualifizierte Mitarbeiter:innen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Aber besonders notwendig ist die Schließung der ANKER-Zentren, weil der Aufenthalt dort die Menschen zermürbt, die dort über lange Monate und Jahre untergebracht sind – Familien mit Kindern bis zu sechs Monaten, alle anderen bis zu zwei Jahren. Je nach Standort müssen sich bis zu 1.500 Geflüchtete auf engstem Raum Mehrbettzimmer, sanitäre Anlagen und Gemeinschaftsräume teilen. Sie haben keine Privatsphäre und sind einer ständigen Kontrolle und Überwachung durch Sicherheitsdienste und Polizei ausgesetzt. Kinder werden meist nur rudimentär direkt in den Lagern beschult, statt die umliegenden Regelschulen zu besuchen. Eine adäquate Kinderbetreuung für die jüngeren Kinder ist nicht gegeben. Kantinenessen, striktes Sachleistungsprinzip und Residenzpflicht schränken die Selbstbestimmung und die Bewegungsfreiheit der Menschen massiv ein. Ehrenamtliche Unterstützer:innen, Freund:innen und Angehörige haben nur sehr erschwert oder gar keinen Zugang. Die Aufnahme einer Beschäftigung ist in den ersten neun Monaten mit einer Aufenthaltsgestattung strikt verboten und danach nur schwer möglich. Zudem finden regelmäßig nächtliche Abschiebungen mit einem Großaufgebot der Polizei statt. Andere Geflüchtete, die alle eine lange und schwere Flucht hinter sich haben, leben in ständiger Angst und werden retraumatisiert. Das betrifft in besonderem Maße die besonders vulnerablen Geflüchteten, die trotz der Verpflichtung, die sich aus der EU-Aufnahmerichtlinie ergibt, gar nicht erst identifiziert werden, geschweige denn eine adäquate Versorgung erhalten. Darüber hinaus werden alle Probleme, die große Lager wie die ANKER-Zentren mit sich bringen, durch die Corona-Pandemie wie unter einem Brennglas noch weiter verschärft.
„Wir freuen uns sehr darüber, dass es uns gelungen ist, unserer Forderung nach der Schließung der ANKER-Zentren zu einem breiten gesellschaftlichen Konsens zu verhelfen“, erklärt Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Wir fordern die zukünftige Bundesregierung auf, die ANKER-Zentren schnellstmöglich zu schließen und die maximale Unterbringungsdauer in Aufnahmeeinrichtungen auf wenige Wochen zu reduzieren!“
Der gemeinsame Appell als PDF