Bayerische Asylbilanz 2020

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann stellt seine Asylbilanz vor / Flüchtlingsrat entlarvt seine Augenwischerei

Am 22. März 2021 stellte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann seine Asylbilanz 2020. Besonders brüstete er sich damit, dass die „Migrationssteuerung auch in schwierigen Zeiten“ gelänge – in Zahlen: durch 1.558 Abschiebungen sowie rund 8.000 „freiwillige“ Ausreisen. Dabei lobte er insbesondere das „hohe Engagement der bayerischen Ausländerbehörden.“ Diese Aussagen sind an Zynismus nicht zu überbieten, lassen sie doch völlig unter den Tisch fallen, was es bedeutet, in Zeiten einer Pandemie Menschen in Länder zurückzuschicken, die deutlich mehr von der Coronakrise gebeutelt werden als Europa, deren Gesundheitssysteme kurz vor dem Kollaps stehen und die weit davon entfernt sind, in naher Zukunft auch nur annähernd genügend Menschen zu impfen, um eine Herdenimmunität zu erreichen.

Weiterhin behauptete Herrmann, das bayerische Innenministerium meistere auch die Herausforderungen der Corona-Pandemie bei der Betreuung und Unterbringung erfolgreich. Aktuell stünden zwei Aufnahmeeinrichtungen unter Quarantäne. Bei rund 35 Einrichtungen dieser Art sind das jedoch knapp 6 % – ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sich im letzten Jahr zahlreiche Unterkünfte teils wochenlang in Quarantäne befanden. Außerdem liegt Bayern im bundesweiten Vergleich in absoluten Zahlen der Coronainfektionen deutlich an erster Stelle.

Bei der Ausstellung von Ausbildungsduldungen, so Herrmann, liege Bayern seit 2019 im bundesweiten Vergleich vorn. Dies wird damit zusammenhängen, dass andere Bundesländer im Vergleich zu Bayern viel öfter Gebrauch von ihrem Ermessensspielraum bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln machen. Geflüchtete werden deshalb wesentlich seltener auf die Hilfskrücke Ausbildungsduldung angewiesen sein.

Dass aber Joachim Herrmann von einem Zeichen der Solidarität und Menschlichkeit spricht, weil Bayern 200 Geflüchtete aus Griechenland aufgenommen hat und noch weitere 16 erwartet werden, während weiterhin tausende Personen unter unmenschlichen Umständen auf den griechischen Inseln und in Bosnien festsitzen, würde lachhaft anmuten, wäre es nicht traurige Realität.

Die menschlichen Schicksale, die hinter den bayerischen Abschiebezahlen stehen, scheinen Innenminister Joachim Herrmann nicht zu interessieren. Wir erleben tagtäglich, dass Menschen, die schon jahrelang in Deutschland leben, Schüler:innen und Auszubildende, schwer Kranke und Senior:innen abgeschoben werden. Herrmanns Behauptung, Bayerns Politik orientiere sich an Humanität und Ordnung, ist reine Augenwischerei. Bayerns Asylpolitik ist inhuman und setzt das Leben von Menschen aufs Spiel!

Medienberichte:
Flüchtlingsrat kritisiert Abschiebungen während Corona-Pandemie (Sonntagsblatt, 26.03.2021)
Bayerns Asylbilanz 2020: Weniger Abschiebungen und Erstanträge (Bayerischer Rundfunk, 22.03.2021)
Bilanz 2020: Bayern hat 1.558 Menschen abgeschoben (dpa, 22.03.2021)
Zahl der Asylanträge sinkt (Süddeutsche Zeitung, 22.03.2021)
Flüchtlingsrat wirft Bayern „rigide Abschiebepolitik“ vor (dpa, 22.03.2021)
Bayerns Asylpolitik ist inhuman! (Bayerischer Flüchtlingsrat, 22.03.2021)
Herrmann zieht Asyl-Bilanz für 2020 (Bayerisches Innenministerium, 22.03.2021)
Bayerischer und Münchner Flüchtlingsrat stellen Asyl-Bilanz 2020 vor (Bayerischer Flüchtlingsrat, 18.03.2021)
Einladung – Herrmann stellt Asyl-Bilanz 2020 vor (Bayerisches Innenministerium, 17.03.2021)