„Die Regierung selbst hat Corona in das ANKER-Zentrum gebracht!“
Bayerischer Flüchtlingsrat: Staatsregierung betreibt durch nachlässige Schutzmaßnahmen aktive Gesundheitsgefährdung
Traunstein, Deggendorf, Nürnberg, Mering bei Augsburg. Fast täglich gibt es neue Meldungen über Unterkünfte für Geflüchtete in Quarantäne. Die Bewohner:innen des einen Teils des ANKER-Zentrums Mering beispielsweise dürfen seit 01. November die Unterkunft nicht mehr verlassen. Einige Tage zuvor wurden 30-40 neue Personen in das Lager verlegt und Mehrbettzimmer aufgefüllt. Zu einem Zeitpunkt, als die Infektionszahlen landesweit in den dunkelroten Bereich gerutscht sind und der Teil-Lockdown kurz bevorstand. Mittlerweile steht die ganze Unterkunft unter Quarantäne.
Das ANKER-Zentrum Beuthener Straße in Nürnberg befindet sich seit einigen Tagen ebenfalls in Quarantäne. Die Bewohner:innen berichten, dass sie kaum Informationen erhalten, wie sie weiter vorgehen sollen. Leute, die arbeiten, haben Angst um ihre Arbeitsstellen. Weder in Mering noch in Nürnberg gibt es eindeutige Anweisungen oder Informationsschreiben für Bewohner:innen oder Arbeitgeber:innen. Aus beiden Lagern wird berichtet, dass es unmöglich ist Abstand zu halten und es viel zu wenig Platz für zu viele Personen gibt. In der Beuthener Straße teilen sich knapp 30 Personen zwei Toiletten und zwei Duschen. In Mering ist es ähnlich.
„Kurz bevor der erste positive Fall bei uns bekannt wurde, hat die Regierung neue Personen in das Lager verlegt. Statt drei waren wir plötzlich fünf Personen auf einem Zimmer. Der Abstand von 1,5m konnte noch nicht einmal zwischen den Betten eingehalten werden. Wir haben der Regierung gesagt, dass wir das gefährlich finden. Doch ein anderes ANKER-Zentrum wurde geschlossen, deshalb kamen die Menschen zu uns. Nun wurden ich und mehr als 20 Andere positiv getestet. Die Regierung hat Corona selbst in das ANKER-Zentrum gebracht,“ berichtet Murat A. aus Mering. Das ANKER-Zentrum in Mering stand bereits im Frühjahr unter Quarantäne. Der Betroffene hätte eigentlich eine Wohnung in Nürnberg. Bereits vor Monaten hatte er einen Auszugsantrag bei der zuständigen Regierung gestellt – jedoch keine Erlaubnis bekommen. Nun erlebt er die zweite Welle wieder in Quarantäne und hat sich zudem auch noch selbst angesteckt.
„Die bayerische Staatsregierung nimmt Ketteninfektionen von Geflüchteten weiterhin billigend in Kauf. Es scheint, als hätte sie aus der ersten Welle nichts gelernt. Statt endlich verantwortungsbewusst zu handeln und die Lager zu entzerren, hält Bayern starr an dieser Unterbringungsform fest. Der politische Hintergedanke scheint weiterhin eindeutig: Abwehr von Geflüchteten statt effektivem Gesundheitsschutz für Alle“, kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Ein erfolgreicher Infektionsschutz ist nur durch massives Reduzieren der Belegung von Unterkünften zu erreichen. Doch das fand und findet nicht statt. Während Soldaten der Bundeswehr eine Quarantäne in Einzelzimmern im Luxushotel verbringen, stecken sich Geflüchtete in Mehrbettzimmern ständig gegenseitig an. Wir fordern das Innenministerium dringend auf, für nötigen Abstand und eine bessere Informationslage zu sorgen. Diesem gesundheitsgefährdenden Treiben muss endlich ein Ende gesetzt werden!“