Gewaltschutz in bayerischen Flüchtlingsunterkünften – ein homöopathischer Tropfen auf den heißen Stein
Positionspapier zu Gewaltschutz veröffentlicht
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25.11.2019 weist der Bayerische Flüchtlingsrat auf die Lebenssituation von Frauen in bayerischen Flüchtlingsunterkünften hin und veröffentlicht zum Thema Gewaltschutz ein eigenes Positionspapier.
Teilhabe und Bildung als wichtige Bausteine zur Gewaltprävention werden aufgrund von migrationspolitischen Zielen hintenangestellt. Systemimmanente Gewaltprobleme in Ankerzentren werden mit homöopathischen Dosierungen wie Gewaltschutzkoordinator*innen behandelt, statt deren Ursache zu bekämpfen und Ankerzentren abzuschaffen. Gewaltschutz lastet nun auf den Schultern einzelner Akteur*innen wie den Gewaltschutzkoordinator*innen, deren Aufgaben und Möglichkeiten nach wie vor intransparent für Schutzsuchende und Fachkräfte sind. Die von der Bayerischen Staatsregierung eingesetzten Gewaltschutzkoordinator*innen sind deshalb lediglich ein Feigenblatt des Gewaltschutzes des Staates.
Frauen in Flüchtlingsunterkünften leben oft besonders isoliert und ihnen wird in höherem Maße als Männern die Integration verwehrt. Gründe hierfür sind mangelnde Kinderbetreuungsangebote und die damit zusammenhängende Barriere, einen Deutschkurs oder sonstige Bildungsangebote zu besuchen. Sie profitieren am wenigsten von neuen gesetzlichen Regelungen wie Ausbildungs- und Arbeitsduldung, da sie einen geringeren Zugang zu Arbeit und Bildung haben. Damit werden sie auch von bestehenden Bleiberechtsregelungen meist ausgeschlossen.
Darüber hinaus sind Flüchtlingsunterkünfte per se gewaltfördernd und besonders Frauen, Kinder und schutzbedürftige Gruppen die Leidtragenden der aktuellen Migrations- und Flüchtlingspolitik.
„Wir fordern die Abschaffung von Ankerzentren und die adäquate Unterbringung aller Personen, besonders jedoch vulnerabler Gruppen wie Frauen und Kinder. Es braucht auch in Bayern rechtsverbindliche Gewaltschutzkonzepte und Mindeststandards, sowie deren Umsetzung in allen bestehenden und neuen Unterkünften. Gewaltschutz muss bereits bei Auftragsvergabe an Subunternehmen wie Sicherheitsfirmen und Betreiberfirmen oberste Priorität haben“, sagt Simone Eiler, Mitarbeiterin des Bayerischen Flüchtlingsrates.
Internationale und nationale Gesetze werden nach wie vor in der Praxis nicht konsequent umgesetzt. Die von Deutschland im Februar 2018 ratifizierte Istanbul- Konvention ist seit fast zwei Jahren rechtsverbindlich für alle Frauen in Deutschland gültig, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Wir fordern deshalb die konsequente Umsetzung auch für Frauen, die in Flüchtlingsunterkünften leben müssen.